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Schadensersatz eines GmbH-Geschäftsführers wegen verspäteter Stellung eines Insolvenzantrages: Ein Lichtblick für Gläubiger
Standpunkte /von Carsten LangeEinen Lichtblick für Gläubiger bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegenüber GmbH-Geschäftsführern, die den Insolvenzantrag verspätet gestellt haben, zeigt ein Urteil des OLG Karlsruhe vom 09.09.2020 (Az. 6 U 109/19 -ZInsO 2020, 2212 ff.)
Schadensersatzansprüche bei Absage von Großveranstaltungen wegen Corona-Virus?
COVID-19, Standpunkte /von Dr. Joerg Wernery und Katharina Müller„Wir befinden uns am Beginn einer Corona-Epidemie“. So bewertet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die aktuelle Lage in Deutschland. Aus aktuellem Anlass wurden zwischenzeitlich die geplante Tourismus-Börse ITB in Berlin und zahlreiche weitere Großveranstaltungen deutschlandweit abgesagt.
Doch wer zahlt für die Absagen? Bleiben die Kunden auf ihren Kosten sitzen?
Das kommt darauf an, wer die Veranstaltung absagt und aus welchen Gründen dies geschieht.
Der Veranstalter trägt grundsätzlich das vertragliche Risiko einer Veranstaltungsabsage. Er trägt in allen Fällen die Kosten, wenn der Grund der Absage aus seinem Verantwortungsbereich stammt, beispielsweise die angemietete Location nicht verwendet werden darf.
Sagt der Veranstalter also von sich aus, in eigener Veranlassung und Entscheidung, aus Sorge um die Gesundheit der Besucher eine Messe ab, können Kunden die Rückzahlung des Kaufpreises für die Tickets und darüber hinaus Ersatz weitergehend entstandenen Schadens verlangen. Im Gegenzug geben sie ihre Tickets zurück oder diese verlieren ihre Gültigkeit.
Ebenso können Aussteller ihre Standgebühren ersetzt verlangen. Der Veranstalter trägt also auf allen Seiten der Vertragsverhältnisse das Risiko und damit auch die Kosten.
Anders ist das, wenn eine Veranstaltung von Seiten des Gesundheitsamtes abgesagt wird. Im Fall „höherer Gewalt“ oder einer begründeten Unzumutbarkeit der Durchführung sind Schadensersatzansprüche gegen den Veranstalter grundsätzlich ausgeschlossen.
Im Falle einer behördlichen Absage aufgrund der Infektionsgefahr des Coronavirus liegt ein Fall „höherer Gewalt“ vor. Höhere Gewalt ist ein externes Ereignis, das keinen betrieblichen Zusammenhang aufweist und auch nicht durch äußerste Sorgfalt abwendbar ist.
Der Grund der Absage liegt dann nicht mehr im Verantwortungsbereich des Veranstalters, so dass er dem Kunden zwar den Preis für die Tickets erstatten muss, darüber hinaus jedoch nicht zum Schadenersatz verpflichtet ist.
Wird eine Veranstaltung nicht behördlich abgesagt, so kann ansonsten ein Fall „höherer Gewalt“ vorliegen, soweit das Coronavirus eine Epidemie darstellt. Diese Frage ist aufgrund ihrer Aktualität rechtlich natürlich noch nicht abschließend geklärt. Eine Epidemie bezeichnet das stark gehäufte, örtlich und zeitlich begrenzte Auftreten einer Erkrankung, insbesondere einer Infektionserkrankung, wie exemplarisch die Sars-Epidemie aus den Jahren 2003/2004. Für die Annahme einer solchen beim Coronavirus fehlt es derzeit an den erforderlichen umfassenden medizinischen und empirischen Erkenntnissen zu dem neuartigen Virus.
In welchen Fällen sagt das Gesundheitsamt Veranstaltungen ab?
Das Robert-Koch-Institut als zuständige Behörde für u.a. Infektionskrankheiten hat inzwischen Handlungsempfehlungen für Großveranstaltungen veröffentlicht (vgl. COVID-19 Allgemeine Prinzipien der Risikoeinschätzung und Handlungsempfehlung für Großveranstaltungen des Robert-Koch-Institutes), anhand derer die Zumutbarkeit der Durchführung einer Veranstaltung beurteilt werden kann.
Maßgebliche Kriterien sind hierbei, insbesondere die Dauer der Veranstaltung, Gegebenheiten der Örtlichkeiten, Möglichkeiten zur Händehygiene, Teilnahme von Risikogruppen etc.
Je mehr Faktoren vorliegen, welche eine Infektionsgefahr erhöhen, desto eher ist eine Unzumutbarkeit der Durchführung der Veranstaltung anzunehmen.
Exemplarisch: Bei Großveranstaltungen mit internationalen Bezügen und Besuchern aus Risiko-Gebieten ist in der Regel die Infektionsgefahr höher als bei kleineren, regional geprägten Veranstaltungen, die in einem Gebiet stattfinden, wo es bislang keine gemeldeten Infizierten gab. Bestehen hingegen eine gute sanitäre Versorgung, viele Möglichkeiten zur regelmäßigen Händedesinfektion und haben die Besucher der Messe genügend Freiraum zur Bewegung, anstatt im dichten Gedränge zu stehen, liegt keine Unzumutbarkeit vor und die Messe kann stattfinden.
Die Unzumutbarkeit ist der „höheren Gewalt“ gleichzustellen. Beides ist im Rahmen einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalles mit äußerster Vorsicht zu entscheiden, da fehlerhafte Erwägungen zu erheblichen Schadensersatzpflichten des Veranstalters führen.
Im Ergebnis geht eine Durchführung der Veranstaltung zu einem Ersatztermin als milderes Mittel einer Absage vor. Erst wenn keine Verschiebung möglich ist, ist eine vollständige Absage zulässig mit den bereits ausgeführten Kostenfolgen für Veranstalter oder Kunden.
Wer zahlt im Falle eines Ersatztermins?
Wird das Event lediglich verschoben, nicht aber aufgehoben, behalten die zuvor erstellten Tickets der Kunden ihre Gültigkeit und können zu dem Ersatztermin als Eintrittskarte verwendet werden.
Rechtlich bedeutet eine Verschiebung, dass es den Vertragsparteien zumutbar ist, die Veranstaltung stattfindet zu lassen und lediglich den Termin zu ändern. Statt des Anspruchs auf Lösung vom Vertrag, den der Veranstalter im Falle höherer Gewalt hat, bleibt dem Veranstalter ein Recht auf Anpassung des Vertrages gegenüber den Kunden. Der Vertrag bleibt bestehen, sodass sich an den grundsätzlichen Vergütungspflichten nichts ändert, sprich: Eine Erstattung der Kosten für die Tickets erfolgt nicht. Die Anpassung geschieht in Bezug auf das Datum.
Ist eine Verschiebung aufgrund der Art der Veranstaltung, insbesondere bei Termindichten Veranstaltungen wie jährlich stattfindenden Messen, wiederum gar nicht möglich, so kann sich der Veranstalter durch Rücktritts- oder Kündigungserklärung vom Vertrag insgesamt lösen.
Wie wirkt sich eine Verschiebung auf die Messe-Aussteller aus?
Zur Vorbereitung oder Durchführung der Messe hat der Veranstalter auch Verträge mit den Ausstellern und anderen Dienstleistern geschlossen. Wird der Termin zur Durchführung der Messe verschoben, bestehen die geschlossenen Verträge grundsätzlich fort. Der Aussteller oder Caterer ist verpflichtet, zum neuen Datum seine Pflichten zu erfüllen, sich dort zu präsentieren.
Kann er dies nicht, beispielsweise aufgrund von Terminkollisionen mit anderen Veranstaltungen, bekommt er höchstens einen Teil seiner Standgebühren erstattet. Der Veranstalter war dann grundsätzlich in der Lage, die Veranstaltung durchzuführen und seinen Teil der Verpflichtung erfüllen, sodass die Absage in den Risiko-Bereich des Ausstellers fiele.
Dr. Jörg Wernery
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Katharina Müller
Rechtsanwältin
Verjährung von Schadensersatzansprüchen im Österreichischen Recht
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido ImfeldÖsterreich und Deutschland sind Nachbarn und kulturell eng verwandt. Manchmal erstaunt es jedoch, wie trotz dieser Nähe bestimmte rechtliche Sachverhalte völlig anders als im deutschen Recht geregelt werden.
So verhält es sich z.B. bei der Verjährung im Österreichischen Recht.
Grundsätzlich verjähren Gewährleistungsansprüche bei Kauf- und Werkverträgen im Österreichischen Recht in zwei Jahren ab Lieferung. Dies entspricht der deutschen Regelung des § 438 BGB. Während im deutschen Recht jedoch sämtliche Ansprüche aus und auf Gewährleistung einheitlich verjähren, sind im Österreichischen Recht Ansprüche auf Gewährleistung auf die sogenannte Nacherfüllung in Form einer Neulieferung oder Beseitigung des Mangels beschränkt. Sämtliche Ansprüche, die dadurch entstehen, dass ein Mangel einen Schaden an einer Sache oder weitergehende Folgeschäden verursacht, werden als Schadensersatz qualifiziert. In diesem Fall ist § 1489 ABGB einschlägig. Schadensersatzansprüche verjähren dabei in drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger.
Bei der Verjährung ist die spannende Frage jedoch immer der Beginn der Verjährung. Ab wann kenne ich Schaden und Schädiger? Die Antwort ist im Grunde genommen einfach: Es ist der Zeitpunkt, wenn es möglich ist, zumindest eine Feststellungsklage zu erheben. Das bedeutet, dass ich den Schädiger kennen muss und Kenntnis davon haben muss, dass ein Schaden entstanden ist. Die Höhe des Schadens muss noch nicht endgültig bestimmbar sein.
Ist aber überhaupt streitig, ob ein Schaden entstanden ist, beginnt der Zeitpunkt erst dann, wenn dies feststeht. Steht fest, dass jedenfalls ein Schaden entstanden ist, darf der Geschädigte solange zuwarten, bis er eine ausreichende Gewissheit über den Schaden hat. Bei der Erstellung von Sachverständigengutachten zur Feststellung der Schadensursache z.B., wenn das endgütige Gutachten vorliegt.
Es gibt allerdings auch Rechtsprechung des OGH, die aussagt, dass man nicht solange zuwarten darf, bis man Gewissheit über den positiven Ausgang eines Prozesses hat. Als Anwälte müssen wir vorsorglich immer den sichersten Weg gehen, so dass die Tendenz besteht, den Verjährungsbeginn großzügig auszulegen. Ich persönlich würde den Verjährungsbeginn taxieren auf den Zeitpunkt, in dem sich die Feststellungen des Sachverständigen z.B. in einem Beweissicherungsverfahren so verdichtet haben, dass sinnvollerweise nicht mit einem anderen Ausgang gerechnet werden kann. Im belgischen Recht z.B. werden im Laufe eines Beweissicherungsverfahrens verschiedene Berichtsarten vorgelegt, vorläufige Stellungnahmen, vorläufige Gutachten und dann das Endgutachten. In diesem Falle wäre es gefährlich, die Österreichische Rechtsprechung so zu verstehen, dass man bis auf die Erstellung des Endgutachtens warten darf. Denn z.B. im deutschen und Österreichischen Recht werden im Beweissicherungsverfahren häufig nur die Gutachten erstellt. Dies ist im französischen und belgischen Recht jedoch anders, weswegen auch eine andere Interpretation der Österreichischen Jurisprudenz gefordert sein kann.
Infolge dessen könnte man sagen, dass dann eine Feststellungsklage möglich ist und Verjährung beginnt, wenn gesicherte Kenntnis über das Bestehen eines Schadens, die Person des Schädigers und dessen Verursachungsbeitrag besteht. Endgültige Gewissheit ist insoweit nicht notwendig.
Bei Regresssituationen sieht dies etwas anders aus: Hier sagt die Rechtsprechung, dass grundsätzlich der Schaden erst dann entsteht, wenn der in der Person des gegenüber dem Auftraggeber regresspflichtigen Generalunternehmers der Schaden realisiert hat, z.B. durch Verurteilung, durch Vergleich oder Erbringung der Zahlung. Erst dann beginnt die dreijährige Verjährung zu laufen, wobei allerdings die Höchstfrist von zehn Jahren nach Eintritt des Schadens immer zu beachten ist. Aber auch hier gilt es, Vorsicht und Umsicht walten zu lassen und sich abzusichern, indem verjährungshemmende oder -unterbrechende Maßnahmen veranlasst werden.
Dabei ist auch hier erstaunlich, wie unterschiedlich die Rechtssysteme ausgestaltet sind. Ein Beweissicherungsverfahren, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder eine Streitverkündung hemmen z.B. im deutschen Recht nach § 204 BGB die Verjährung. Dies ist im belgischen und Österreichischen Recht nicht der Fall. Dort gibt es Unterbrechungstatbestände, die die Erhebung einer Klage mit dem Ziel der Verurteilung zum Schadensersatz voraussetzen. Inzident kann dabei ein Beweissicherungsverfahren geführt werden, doch muss zumindest der Schadensersatzanspruch als solcher Gegenstand des Verfahrens sein. Im deutschen Recht kann die Verjährung durch Verhandlungen gehemmt werden. Dies ist im belgischen Recht nicht möglich.
Gemäß § 1501 ABGB ist ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung des OGH in Österreich erst dann möglich, wenn die Verjährung bereits eingetreten ist. Man mag sich mit Fug und Recht fragen, welchen Sinn dies hat. Jedenfalls aber sollte man sich nicht darauf verlassen, dass die im deutschen Recht praktizierte Übung, zur Vermeidung möglicherwiese überflüssiger Verfahren den Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu vereinbaren, auch im Österreichischen Recht praktikabel ist. Im französischen und belgischen Recht kann ebenfalls nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet werden, weil dort die Verjährung von Amts wegen zu beachten ist und zum Erlöschen der Forderung führt.
Gerade in komplexeren Fällen mit General- und Subunternehmern, an denen viele Parteien beteiligt sind und in denen, was sehr häufig vorkommt, der Generalunternehmer versäumt hat, das in dem Vertrag zu dem Auftraggeber bestimmte Recht sowie Gerichtsstände oder Schiedsabreden auch auf die anderen Rechtsverhältnisse zu übertragen, kann es schnell zu unliebsamen Überraschungen kommen, wenn es später um die Geltendmachung eines Regresses gegen einen Subunternehmer geht.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt / Avocat / Advocaat
Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator
Arzttermin storniert – Muss der Patient Schadensersatz zahlen?
Standpunkte /von Thomas OedekovenGerade bei als unangenehm empfundenen Arztterminen geschieht es immer wieder, dass diese kurzfristig abgesagt werden oder der Patient gar nicht erst erscheint.
Es stellt sich dann die Frage, ob der Patient verpflichtet ist, dem Arzt für diesen ausgefallenen Termin eine Vergütung oder Entschädigung zu zahlen. Immerhin hat der Arzt diesen Termin für den Patienten reserviert und konnte den Termin aufgrund der kurzfristigen Absage oder des schlichten Fernbleibens nicht neu vergeben.
Voraussetzung für eine solche Vergütung wäre allerdings ein bestehendes Vertragsverhältnis. Damit scheidet eine Vergütungsverpflichtung bei einem ersten Termin in der Arztpraxis aus.
Auch sonst gilt der Grundsatz, dass die Stornierung oder Nichtwahrnehmung reservierter Dienstleistungen anderer Art, beispielsweise Frisör, Theater, Kino, usw. nicht zur Vergütungspflicht führt.
Allein bei einer fortgesetzten ärztlichen Behandlung und einem nicht wahrgenommenen Folgetermin mag man im Rahmen eines dann bereits bestehenden Vertragsverhältnisses eine Vergütungsverpflichtung diskutieren. Allerdings gilt es zu bedenken, dass auch im Rahmen eines laufenden Behandlungsvertrages der Patient gesetzlich berechtigt ist, diesen Vertrag jederzeit zu kündigen. Im Falle einer solchen Kündigung besteht für den Arzt ein Vergütungsanspruch allein für die bereits erbrachten ärztlichen Leistungen, nicht jedoch für die ausgefallenen Leistungen und Termine.
Kein Schadensersatzanspruch
Neben dem vertraglichen Vergütungsanspruch wäre an einen Schadensersatzanspruch zu denken. Allerdings ist in der Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden, dass die Vereinbarung eines Termins in der Arztpraxis lediglich dem generellen Praxisablauf dient und keine derartige vertragliche Nebenpflicht des Patienten begründet, die bei einer kurzfristigen Absage oder einem Nichterscheinen zu einem solchen Termin eine Schadensersatzverpflichtung nach sich zieht. Auch dies folgt wiederum aus der gesetzlich vorgesehenen kurzfristigen Kündigungsmöglichkeit für einen Patienten im Rahmen des bestehenden Behandlungsvertrags.
Somit bleibt als einzige mögliche Anspruchsgrundlage für eine ärztliche Vergütung bei einem ausgefallenen oder nicht wahrgenommenen Termin eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Arzt und dem Patienten für diesen Fall.
Sondervereinbarung
Ob eine solche Vereinbarung für jeden erdenklichen Termin abgeschlossen werden kann, muss bezweifelt werden. Der organisatorische Aufwand wäre bereits erheblich. Indes mag es bei zeitintensiven Terminen, beispielsweise bei ambulanten Operationen, für den Arzt angezeigt sein, mit seinem Patienten eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen. Gegenstand der Vereinbarung wäre, dass ein bestimmter Termin vereinbart ist und dieser Termin bis zu einem Zeitraum vor diesem Termin, beispielsweise eine Woche, storniert werden kann, danach jedoch nur noch aus wichtigem Grund eine Absage des Termins möglich ist. Ferner wäre in einer solchen Vereinbarung zu regeln, dass der Patient bei einem Verstoß gegen eine derartige Verpflichtung zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes in zu vereinbarender Höhe verpflichtet ist.
Einzig eine derartige Vereinbarung dürfte eine taugliche Anspruchsgrundlage für den Arzt sein, beim Ausfall eines Termins von seinem Patienten eine Vergütung zu verlangen.
Thomas Oedekoven,
Rechtsanwalt
Wirtschaftsmediator
Fachanwalt für Medizinrecht
Schmerzensgeld bei Nähen ohne örtliche Betäubung
Standpunkte /von Thomas Oedekoven»Jetzt stellen Sie sich nicht so an…«
Das Vernähen einer Wunde ohne örtliche Betäubung ist ein grober Behandlungsfehler.
Das Kammergericht Berlin hat mit Urteil vom 13.10.2014 (Az. 20 U 224/12) festgestellt, dass das Vernähen einer Wunde ohne örtliche Betäubung einen groben Behandlungsfehler und eine vorsätzliche Körperverletzung darstellt.
Nun sollte man meinen, dass es für eine derartige Feststellung kein Urteil eines Berufungsgerichtes in zweiter Instanz bedarf.
So ist denn auch das Wesentliche der Entscheidung des Gerichtes in Berlin nicht die Erkenntnis, dass das Vernähen einer Wunde eine örtlichen Betäubung erfordert. Wesentlich sind vielmehr die Ausführungen des Gerichtes zu den Folgen einer fehlerhaften ärztlichen Dokumentation.
Die Patientin wurde am Fuß operiert. In der Folgezeit kam es zu einer Blutung der Operationswunde. Die bereits anlässlich der Operation angelegte Naht wurde nochmals vernäht. Zwischen der Patientin und dem beklagten Arzt war im Rahmen des Klageverfahrens streitig, ob bei dieser zweiten Naht der Fuß der Patientin lokal betäubt wurde. Die Patientin hat im Rahmen des Klageverfahrens vorgetragen, eine Betäubung des Fußes sei nicht erfolgt. Der behandelnde Arzt hat dies bestritten.
Das Kammergericht in Berlin hat hierzu festgestellt, dass – entsprechend den üblichen Regelungen zur Beweislast – die Patientin die Beweislast für den Behandlungsfehler in Form der unterbliebenen lokalen Betäubung des Fußes hatte. Zeugen oder sonstige Beweismittel standen der Patientin nicht zur Verfügung. Allerdings ist das Kammergericht Berlin gleichwohl zum Ergebnis gelangt, dass die Patientin beweisen konnte, dass eine lokale Betäubung des Fußes nicht vorgenommen wurde. Das Gericht hat sich auf die Dokumentation des behandelnden Arztes bezogen. Dort war nämlich die Verabreichung eines Lokalanästhetikums nirgendwo vermerkt.
Selbst wenn man davon ausgehen wolle, dass das nochmalige Nähen einer Operationswunde (Sekundärnaht) als Routineeingriff nicht dokumentationsbedürftig wäre, so sei doch erforderlich, dass in der Dokumentation des Behandlungsfalls die verabreichten Medikamente aufgeführt werden. Zumindest hätte das verabreichte Lokalanästhetikum dokumentiert werden müssen. Dies war nach Auffassung des Gerichtes medizinisch erforderlich, da anderenfalls nicht ausgeschlossen werden könne, dass es bei der etwaigen späteren Verabreichung anderer Medikamente zu ungewollten Wechselwirkungen kommt.
Da also in der Dokumentation des Behandlungsfalls kein Hinweis auf eine örtliche Betäubung enthalten ist, sei davon auszugehen, dass eine solche auch tatsächlich nicht stattgefunden habe.
6000 Euro Schmerzensgeld
Das Vernähen einer Wunde ohne örtliche Betäubung stelle einen groben Behandlungsfehler dar. Das Gericht hielt ein Schmerzensgeld hierfür in Höhe von 6000 Euro für angemessen.
Dem behandelnden Arzt wurde ein Dokumentationsversäumnis zum Verhängnis. Es gilt der Grundsatz, dass das, was nicht in der Behandlungsdokumentation dokumentiert ist, auch tatsächlich nicht stattgefunden hat.
Die Dokumentation eines Behandlungsfalles ist kein Wert an sich. Auch kann aus einer bloßen unterbliebenen Dokumentation kein Schadensersatzanspruch begründet werden. Ist allerdings streitig, ob medizinische Behandlungsmaßnahmen oder Untersuchungen durchgeführt wurden, so ist die Behandlungsdokumentation durchaus maßgeblich. Dokumentationsbedürftig ist dabei alles, was im Rahmen der weiteren Behandlung von medizinischer Relevanz ist. So hat das Kammergericht in Berlin in dem beschriebenen Fall festgestellt, dass die Verabreichung eines Lokalanästhetikum insoweit von medizinischer Relevanz ist, als dass bei der Verabreichung späterer Medikamente Wechselwirkungen auftreten könnten, wenn in Unkenntnis eines zuvor verabreichten Betäubungsmittels durch einen nachbehandelnden Arzt Medikamente verabreicht werden, die im Zusammenhang mit dem Betäubungsmittel unerwünschte Wechselwirkungen zeigen.
Im Falle eines Rechtsstreites um einen (vermeintlichen) ärztlichen Behandlungsfehler ist somit auf Seiten des Patienten zu hinterfragen, ob tatsächlich alle erforderlichen Behandlungsmaßnahmen dokumentiert sind. Gleiches gilt allerdings auch auf Seiten des behandelnden Arztes oder Krankenhauses. Auch dort ist im Rahmen der Dokumentation darauf zu achten, dass alle medizinisch relevanten Maßnahmen, Untersuchungen, Befunde und Medikamente dokumentiert sind.
Thomas Oedekoven,
Rechtsanwalt
Wirtschaftsmediator
Fachanwalt für Medizinrecht
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