Beiträge
Eigenverwaltung und Anfechtung: Wie verhindere ich als Gläubiger das Anfechtungsrisiko?
Standpunkte /von Carsten LangeAnfechtungsrisiko bei Zahlungsvereinbarungen: Es bleibt mit dem BGH-Urteil vom 07.05.2020 bestehen
COVID-19, Standpunkte /von Carsten LangeI. Beschreibung der Ausgangslage
Ein Kunde befindet sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und bittet Sie als Vertragspartner um Zahlungserleichterungen und damit eine Ratenzahlung. Hiermit erklären Sie sich als Forderungsinhaber einverstanden. Der Ratenzahlungsplan wird vereinbart. Die monatlichen Beträge werden gezahlt und später gerät Ihr Gläubiger in die Insolvenz.
Der Insolvenzverwalter macht einen Anfechtungsanspruch nach § 133 InsO (sogenannte vorsätzliche Benachteiligung) auf Rückzahlung der geleisteten Raten geltend. Er begründet dies unter anderem damit, dass der Gläubiger aufgrund der damaligen Situation (z.B. über längere Zeit verspätete Zahlungen oder Rücklastschriften) über die Zahlungsunfähigkeit Kenntnis gehabt habe.
II. Einschränkung des Anfechtungsrechtes durch gesetzliche Änderung im Jahre 2017
Um diesen Anfechtungsanspruch und damit das wirtschaftliche Risiko der Gläubiger zu reduzieren, gab es im Jahre 2017 eine Gesetzesänderung im Hinblick auf diesen Tatbestand der vorsätzlichen Benachteiligung in § 133 InsO. Unter anderem umfassten diese Änderungen folgende Aspekte:
-Zum einen wurde der Anfechtungszeitraum für Zahlungen, mit denen eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht wurde (sogenannte kongruente Deckung) von 10 Jahren auf 4 Jahre reduziert (§ 133 Abs. 2 InsO);
-Und zum anderen wurde eine gesetzlich Vermutung in den Gesetzestext in § 133, Abs. 3 S. 2 InsO aufgenommen, die wie folgt lautet: „Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterungen gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.“
Über die Bedeutung und den Umfang dieser Vermutung gibt es unterschiedliche Ansichten und mit seinem Urteil vom 07.05.2020 (Az. IX R 18/19) hat der Bundesgerichtshof hierzu seine Rechtsansicht und letztendlich damit die Richtschnur, nach der nunmehr zu entscheiden und zu handeln ist, mitgeteilt.
III. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 07.05.2020 (Az. IX ZR 18/19)
1. Sachverhalt
Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der später insolvente Schuldner betrieb eine Gaststätte. Ihm wurde von einer Bank ein Darlehen gewährt. Hierzu zog die Bank die vereinbarten monatlichen Raten im Lastschriftverfahren beim Schuldner ein. Im Hinblick auf die Einzugsversuche der Monate April und Mai kam es zu Rücklastschriften. Von Juni bis August zog die Bank die fälligen Raten nicht ein. Im August kündigte die Bank das Darlehen und in der Folgezeit schloss die Bank mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung. Aufgrund dieser Vereinbarung zahlte der Schuldner von September bis November des gleichen Jahres Raten an die Bank. Nach der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Schuldners (Gastättenbetreibers) erfolgte die Anfechtung dieser Ratenzahlungseingänge gegenüber der Bank durch den Insolvenzverwalter.
Die im Zuge dieses Urteiles relevante Fragestellung ist, ob die Bank, die mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen hatte, sich erfolgreich auf die gesetzliche Vermutung nach § 133 Abs. 3 S. 2 InsO berufen konnte und damit auf die Vermutung, dass sie die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte-mit der Folge, dass der Anfechtungsanspruch nach § 133 InsO ihr gegenüber nicht besteht.
2. Rechtliche Bewertung durch den Bundesgerichtshof
a.Widerlegliche Vermutung
Zunächst stellt der Bundesgerichtshof (Rz. 17) fest, dass es sich bei der Regelung in § 133 Abs. 3 S. 2 InsO um eine widerlegliche gesetzliche Vermutung handelt. Damit ist es dem Insolvenzverwalter möglich, durch Vortrag entsprechender Kenntnis, die der Anfechtungsgegner und damit hier die Bank gehabt hatte, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen.
b. Aspekte zum Widerlegen der Vermutungsfolge
Zu diesem möglichen Vortrag des klagenden Insolvenzverwalters, die Vermutungsfolge zu widerlegen, benennt der Bundesgerichtshof in seinem Urteil folgende zu berücksichtigende Aspekte:
(b1) Die Vermutung nach § 133 Abs. 3 S. 2 InsO hat die Wirkung, dass sich der Verwalter weder auf die Gewährung der Zahlungserleichterung noch auf die darauf gerichtete Bitte des Schuldners stützen kann. Er darf die den Vermutungstatbestand bildenden Umstände daher nicht heranziehen, um die Vermutungsfolge zu widerlegen.
(b2) Als Vortrag, die Vermutungsfolge zu widerlegen und damit die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit auf Seiten des Gläubigers darzulegen, gibt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keine zeitliche Begrenzung. So kommen dafür nicht nur Umstände in Betracht, die nach der Gewährung der Zahlungserleichterung aufgetreten sind. Auch mit Umständen aus der Zeit vor der Zahlungsvereinbarung kann der Beweis erbracht werden, dass der Gläubiger zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung (hier der Zahlung) Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte. Das Feld der Argumentation für den Insolvenzverwalter ist also weit.
c. Weitere Möglichkeit des Sachvortrages des Insolvenzverwalters zum widerlegen der Vermutung
Damit kann der Insolvenzverwalter praktisch mit Ausnahme der Aspekte, dass es eine Ratenzahlungsvereinbarung gegeben hat und um diese auf Seiten des Schuldners gebeten wurde, sämtliche Geschehnisse aus der Geschäftsverbindung zwischen Insolvenzschuldner und seinem Vertragspartner, gegenüber dem die Anfechtung erklärt worden ist und der Zahlungen erhalten hat, heranziehen – um den Nachweis der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf Seiten des Anfechtungsgegners zu erbringen.
Im vorliegenden Fall ist dies die Situation aus der Darlehensverbindung zwischen späterem Insolvenzschuldner und Bank, wonach es vier Rücklastschriften gegeben hat. Hierdurch wird die vorgenannte gesetzliche Vermutung widerlegt und damit angenommen, dass die beklagte Bank die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und damit ihres Vertragspartners kannte.
d. Gläubigerbenachteiligung als weiteres Tatbestandsmerkmal
Zudem muss die beklagte Bank als Anfechtungsgegner gewusst haben, dass die angefochtenen Handlungen (hier die Ratenzahlungen) die Gläubiger benachteiligen. Sonst besteht der Anfechtungsanspruch ihr gegenüber nicht.
Weiß ein Anfechtungsgegner von einer drohenden oder bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners, muss er grundsätzlich auch davon ausgehen, dass Zahlungen an ihn selbst andere Gläubiger benachteiligen. Hiervon ist auszugehen, wenn der Anfechtungsgegner weiß, dass es noch andere Gläubiger gibt, deren Forderungen vom Schuldner nicht vollständig bedient werden. Mit Letzterem wiederum muss der Gläubiger rechnen, wenn der Schuldner unternehmerisch tätig ist. Dies bedeutet in der zwangsläufigen Konsequenz: Ein Gläubiger, der Kenntnis von der unternehmerischen Tätigkeit seines Vertragspartners hat, kennt damit zwangsläufig die Benachteiligung der anderen Gläubiger.
3. Bewertung des Risikos für Anfechtungsgegner
Die Folge des vorerwähnten Urteils des Bundesgerichtshofes ist, dass die im Zuge der Gesetzesänderung im Jahre 2017 aufgenommene gesetzliche Vermutung (§ 133 Abs. 3 S. 2 InsO) ein nur sehr schwaches Argument zur Verteidigung und Hilfestellung für Gläubiger ist.
Denn geschäftliche Beziehungen mit in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Vertragspartnern beschränken sich zumeist nicht darauf, dass irgendwann einmal punktuell um eine Ratenzahlung gebeten wird. Zumeist gibt es zu dieser Zahlungsvereinbarung einen Weg dorthin und damit eine Vorgeschichte. Der Sachverhalt, der dem vorerwähnten Urteil des Bundesgerichtshofes zugrunde liegt, zeigt hierfür ein praktisches Beispiel in Form von nicht eingelösten Lastschriften. Dies sind die Indizien, aufgrund derer eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf Seiten des Vertragspartners angenommen werden kann. Hierauf wird sich der Insolvenzverwalter stützen und die gesetzliche Vermutung über die Nichtkenntnis der Zahlungsunfähigkeit widerlegen.
Wenn es diese Aspekte, aufgrund derer eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit durch den Vertragspartner angenommen werden kann, in einer Geschäftsverbindung gibt, bleiben Ratenzahlungsvereinbarungen einem Anfechtungsrisiko ausgesetzt. Diese Begleitumstände der Geschäftsverbindung muss man sich ansehen, wenn man dieses Anfechtungsrisiko quantifizieren will.
III. Anfechtungsschutz durch COVInsAG
Im Zuge dessen ist an dieser Stelle aus aktuellem Anlass kurz ergänzend auszuführen, inwieweit das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) die Vertragspartner eines Insolvenzschuldners und damit die späteren Gläubiger und potentiellen Anfechtungsgegner schützt. Die betreffende Formulierung im Gesetz lautet wie folgt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG):
„Soweit nach § 1 die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzverfahrensantrages ausgesetzt ist, sind Rechtshandlungen die dem anderen Teil eine sichere Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; dies gilt nicht, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind.“
Unter folgenden Voraussetzungen ist eine Anfechtung gegenüber einem Vertragspartner im Hinblick auf erfolgte Zahlungen, auf die er einen Anspruch hatte (also z.B. Zahlung infolge von Ratenzahlungsabsprachen) vor einer Anfechtung geschützt:
1. Keine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages durch seinen Vertragspartner:
Es muss die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages nach diesem Gesetz ausgesetzt sein. Hierfür wiederum lauten die Voraussetzungen:
-aktueller Zeitraum der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis 30.09.2020
-Die Insolvenzreife beruhte auf den Folgen der COVID-19 Pandemie und es bestehen Aussichten darauf, dass eine bestehende Zahlungsunfähigkeit beseitigt wird.
War der Vertragspartner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Auch diese gesetzliche Vermutung ist widerleglich.
Es gibt also keinen Automatismus, wonach eine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages aktuell nicht besteht. Hierfür müssen vielmehr Voraussetzungen vorliegen und ob diese gegeben sind, ist beim Vertragspartner zu erfragen. Denn wenn sie nicht vorliegen, gilt auch nicht der Schutz vor Anfechtung nach diesem Gesetz.
2. Umfasst von diesem Anfechtungsschutz sind sogenannte kongruente Deckungen und damit die Zahlungen, auf die auf der Grundlage von Zahlungsvereinbarungen ein Anspruch besteht.
3. Sogenannte Rückausnahme vom Anfechtungsschutz: Die Einschränkungen der Anfechtbarkeit scheiden dann wiederum aus, wenn dem Vertragspartner bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind.
In jedem Fall muss es Sanierungsbemühungen gegeben haben, die der Schuldner unternommen hat. Bei dem Schuldner, der Sanierungsbemühungen nur vorspiegelt, besteht daher kein Anfechtungsschutz. Was unter diesen Sanierungsbemühungen zu verstehen ist und unter welchen Voraussetzungen die Geeignetheit dieser Bemühungen zu überprüfen ist, ist streitig – und wird letztendlich durch zukünftig hierzu ergehende Rechtsprechung beantwortet werden. Genauso wie das Urteil vom 07.05.2020 des Bundesgerichtshofes die offenen Fragen zur gesetzlichen Vermutung nach § 133 Abs. 3 S. 2 InsO beantwortet, wird es irgendwann einmal ein Urteil des Bundesgerichtshofes geben, das die Frage beantwortet, auf welche Sanierungsbemühungen sich ein Anfechtungsgegner verlassen durfte und auf welche nicht.
4. Risikobewertung zum COVInsAG
Dieses Gesetz schützt in dem vorgenannten Umfange die Vertragspartner und damit potentiellen Anfechtungsgegner. Dies entspricht der Zielsetzung des Gesetzes, dass aktuell den Unternehmen finanziell von ihren Vertragspartnern geholfen werden soll – ohne damit in ein offenes Anfechtungsrisiko zu laufen. Auch hier gibt es aber keinen Automatismus, wonach man
als Gläubiger bis 30.09.2020 keinem Anfechtungsrisiko ausgesetzt ist. Vielmehr gilt es jeweils zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für diesen Anfechtungsschutz bei Absprache von Ratenzahlungsvereinbarungen vorliegen – und dies sind folgende Fragen:
-Liegen die Grundlagen dafür vor, dass die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt ist ;
-und liegt die Rückausnahme nicht vor, wonach es gar keine Sanierung und Finanzierungsbemühungen des Schuldners gibt oder diese mit Kenntnis des Vertragspartners des Insolvenzschuldners (als potentiellem Anfechtungsschuldner) nicht geeignet sind.
Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Melden Sie sich hierzu auf Wunsch bei meiner Mitarbeiterin Frau Schanz unter der Telefonnummer 0241/94621-138 oder bei mir per E-Mail unter der Adresse lange@dhk-law.com.
Carsten Lange
Mediator/Wirtschaftsmediator (DAA), coach
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Zur Vermeidung der Geschäftsführerhaftung wegen Steuerverbindlichkeiten ist Aktivität gefordert
Standpunkte /von Carsten LangeDie beiden folgenden Urteile zeigen, dass GmbH-Geschäftsführer auch nach der Stellung eines Insolvenzantrages in dem sich daran anschließenden Insolvenzeröffnungsverfahren und sodann Insolvenzverfahren aktiv und wachsam bleiben müssen, um eine eigene Haftung zu vermeiden.
1. Aktivität im Hinblick auf die Tabellenanmeldungen der Finanzbehörde
Nach der Insolvenzeröffnung melden die Gläubiger – und damit auch die Finanzbehörde – ihre Forderungen zur Insolvenztabelle an. Diese Anmeldung erfolgt gegenüber dem Insolvenzverwalter und der Insolvenzverwalter übersendet diese Anmeldungen mit seinem vorzuschlagen Prüfungsergebnis an den Geschäftsführer der schuldnerischen GmbH.
An dieser Stelle muss der Geschäftsführer wachsam bleiben. Denn der BFH hat in einem Urteil vom 27.09.2017 (Az. XI R 9/16) folgendes entschieden:
Wird eine Steuerforderung gegenüber einer GmbH widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist der Geschäftsführer der GmbH im Verfahren wegen Haftung gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat.
Auch dem Geschäftsführer als Vertreter der Schuldnerin (GmbH) ist neben dem Insolvenzverwalter nach § 178 Abs. 1 S. 2 InsO ein Widerspruch gegen die Feststellung der Forderung zur Tabelle möglich.
Wenn die Finanzbehörde beispielsweise auf der Basis von Schätzungsbescheiden Forderungen anmeldet und diese Forderungen vom Insolvenzverwalter ohne Widerspruch der Schuldnerseite (und damit des Geschäftsführers als Schuldnervertreters) festgestellt werden, kann sich der Geschäftsführer der GmbH in einem Verfahren über seine Haftung für die Steuerverbindlichkeiten der GmbH nicht mehr mit dem Argument wehren, die Steuerforderungen der Finanzbehörde seien in der Tabelle zu hoch festgestellt. Vielmehr gilt diese Tabellenfeststellung als unabänderlich gesetzt – nicht nur im Hinblick auf das Insolvenzverfahren, sondern auch im Hinblick auf die Geschäftsführerhaftung. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Geschäftsführer auch darauf zu achten hat, Schätzungsbescheide nicht rechtskräftig werden zu lassen.
An dieser Stelle heißt es also als Geschäftsführer ein Augenmerk auf die Forderungsanmeldungen der Finanzbehörde zur Tabelle zu haben.
2. Aktivität im Hinblick auf die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters
Diese Notwendigkeit des Geschäftsführers zum Handeln ist bereits Thema des Standpunktes vom 12.02.2018 mit der Überschrift „Steuerrechtliche Haftung eines Geschäftsführers auch bei Insolvenzantrag“. Auf diese notwendige Aktivität des Geschäftsführers infolge eines Urteils des Bundesfinanzhofes vom 26.09.2017 (Az. VII R 40/16) ist in diesem Zusammenhang erneut hinzuweisen.
Wird ein Insolvenzantrag gestellt und wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt, bedeutet dies, dass nur noch mit diesem vorläufigen Insolvenzverwalter gemeinsam Verfügungen vorgenommen werden können. Das führt bei Geschäftsführern zumeist zu der Annahme, nun könne man aus eigener Initiative sowieso nichts mehr bezahlen, so dass die Zahlungsvorgänge und diesbezüglichen Aktivitäten dem vorläufigen Insolvenzverwalter überlassen werden.
An dieser Stelle ist der Bundesfinanzhof anderer Ansicht. Ein fehlendes Verschulden im Hinblick auf die steuerliche Haftung des Geschäftsführers für nicht beglichene Steuerschulden der insolventen GmbH nimmt er nur dann an, wenn der Geschäftsführer dem Finanzgericht konkret darlegt und nachweist, welche Schritte er zur Zahlung der Steuer am Fälligkeitstag eingeleitet hatte, deren Weiterverfolgung sich jedoch wegen der Haltung des vorläufigen Insolvenzverwalters als sinnlos darstellt.
Auch an dieser Stelle kann daher nur der Rat gegeben werden: Es muss im Hinblick auf Steuerverbindlichkeiten gehandelt werden.
Soweit diesbezüglich Nachfragen auf Ihrer Seite bestehen, melden Sie sich gerne unter lange@daniel-hagelskamp.de oder telefonisch über meine Mitarbeiterin, Frau Kalem, unter der Telefonnummer 0241 94621 138.
Carsten Lange
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Mediator/Wirtschaftsmediator (DAA)
Coach
Steuerrechtliche Haftung eines Geschäftsführers auch bei Insolvenzantrag
Standpunkte /von Carsten LangeDie Folge eines Insolvenzantrages ist bei fortbestehendem Geschäftsbetrieb in der Regel die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht. In der Vielzahl der Fälle wird angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin (der GmbH) über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. InsO).
Rechtlich und faktisch bedeutet dies: Wenn der vorläufige Insolvenzverwalter nicht seine nach dieser Vorschrift erforderliche Zustimmung (im Voraus oder nachträglich) gibt, kann es auch keine Zahlung an einen Gläubiger der Insolvenzschuldnerin (GmbH) geben. Welche Folgen hat diese Situation für die Haftung des Geschäftsführers für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten?
Die „Rettung“ der Immobilie aus der Insolvenz: Auch sie birgt ein Risiko
Standpunkte /von Carsten LangeDieses Risiko tritt deutlich zu tage in einer Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 02.03.2017 (ZIP 2018, 36 f.). Der dort vom Oberlandesgericht zu entscheidende Sachverhalt findet sich in vielen Insolvenzverfahren bzw. in dem Zeitraum vor einem Insolvenzantrag wieder: Der spätere Insolvenzschuldner war Eigentümer einer Eigentumswohnung. Die Immobilie war belastet mit einer Grundschuld zur Absicherung einer Finanzierung der dortigen Sparkasse aus der Geschäftsverbindung mit dem Insolvenzschuldner.
Zugewinnausgleich und Insolvenz – was passiert?
Standpunkte /von Carsten LangeScheidung und Insolvenz sind zwei Themen, von denen man niemandem wünscht, dass sie in einem zeitlichen Zusammenhang auftreten. Wenn es dann trotzdem passiert, stellt sich die Frage, wem der Ausgleich auf Zugewinn zusteht: Dem geschiedenen Insolvenzschuldner oder seinem Insolvenzverwalter?
I. Rechtliche Aspekte
Die Kommentierung (Münchener Kommentar- Schumann, § 37 InsO Rz. 11 ff.) weist auf die beiden relevanten rechtlichen Aspekte hin – wobei diese nachstehend näher erklärt werden. Dies sind:
– Der Zugewinnausgleichsanspruch entsteht durch rechtskräftige Scheidung als Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (§ 1378 Abs. 3 S. 1 BGB)
– Der Anspruch auf Zugewinnausgleich kann nur zur Insolvenzmasse gezogen werden, sobald er pfändbar ist. Nach § 852 Abs. 2 ZPO ist dazu erforderlich, dass der Zugewinnausgleichsanspruch durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig gemacht ist. Dies bedeutet: Notwendig ist entweder ein vertragliches Anerkenntnis des jeweiligen Ehepartners oder die Zustellung eines gerichtlichen Antrags auf Zahlung von Zugewinnausgleich an den Ehepartner. Mit dieser gesetzlichen Regelung soll vermieden werden, dass der Anspruch gegen den Willen des Berechtigten geltend gemacht wird (Zöller-Stöber, § 852 ZPO Rz. 1)
Pfändung von Smartphones, Laptops und Tablets – unter welchen Voraussetzungen ist dies möglich?
Standpunkte /von Carsten LangeDie Statussymbole ändern sich. Die Bedeutung, die früher ein Auto hatte, hat bei vielen Menschen heute eher das Smartphone oder der Laptop. In diese Statussymbole wird investiert.
Damit stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen sind diese Gegenstände, die in vielen Fällen einen höheren Wert haben, pfändbar. Die Pfändbarkeit ist gleichzusetzen mit der Frage der Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse.
Ein Gläubiger möchte wissen, welche Gegenstände er pfänden kann, und ein Schuldner sollte wissen, welche Gegenstände er im Zuge des Vermögensverzeichnisses anzugeben hat.
Es gilt der Grundsatz, dass die Sachen unpfändbar sind, die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt eines Schuldners dienen, soweit ein Schuldner sie zu seiner Berufstätigkeit oder im Rahmen einer bescheidenen Lebens- und Haushaltsführung bedarf.
Unpfändbar sind damit Gegenstände des gewöhnlichen Hausrates, also des täglichen Bedarfs im Haushalt, wie z.B. ein Fernsehgerät.
1. Computer, Laptop und Tablet
Sind Computer, Laptop und Tablet für eine bescheidene Lebensführung erforderlich? Das Verwaltungsgericht Münster hat diese Frage in einem Urteil vom 26.06.2013 (AZ: 3 K 1752/15) verneint. Dagegen geht das Verwaltungsgericht Gießen in einem Beschluss vom 08.07.2011 (AZ: 8 L 2046/11) von der grundsätzlichen Unpfändbarkeit von Computern und Laptops aus. Es gibt also viel unterschiedliche Rechtsprechung zu dieser Thematik.
Wegweisend ist meines Erachtens ein Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23.03.2010 (AZ: 1 W 2689/09), wonach die ständige Verfügbarkeit derartiger Geräte mittlerweile zum notwendigen Lebensbedarf gehören dürfte. Ein Schuldner muss glaubhaft machen, dass er das Gerät zur Informationsbeschaffung und Kommunikation notwendigerweise benötigt. Das wird heutzutage nahezu jedem Schuldner möglich sein.
Damit sind diese Geräte grundsätzlich unpfändbar. Es gibt dazu aber zwei Einschränkungen:
- Benötigt wird zur Teilnahme an der Kommunikation und Informationsbeschaffung nur eines dieser Geräte. Ist ein Schuldner beispielsweise Eigentümer eines Tablets und eines PCs, so ist das Tablet pfändbar.
- Ein Gläubiger und der Insolvenzverwalter haben die Möglichkeit der sogenannten Austauschpfändung (§ 811 a ZPO). Dies bedeutet, dass dem Schuldner im Austausch gegen die Pfändung des hochwertigen PCs, Laptops oder Tablets ein Ersatzstück einfacher Art und Güte oder der zur Beschaffung eines solchen Ersatzstückes notwendige Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird. Damit wird das grundsätzlich unpfändbare Gerät pfändbar. Liegt der Wert des gepfändeten Gegenstandes beispielsweise bei 1.000,00 € und der des ausgetauschten Gegenstandes bei 100,00 €, verbleibt ein Zufluss beim Gläubiger aus der Austauschpfändung in Höhe von 900,00 €. Austauschpfändungen können sich also lohnen – je höherwertiger die Gegenstände, die gepfändet werden, sind.
2. Smartphones
Gehören Smartphones zu dem technischen Umfeld, das für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung benötigt wird? Das Amtsgericht Heidelberg geht in einem Beschluss vom 26.06.2014 (AZ: 1 M 19/14) von der Pfändbarkeit aus – wenn der Schuldner nicht darlegt, warum er ein Smartphone zu seinem persönlichen Gebrauch oder für seine Berufsausübung benötigt. Diese Ausnahme wird in vielen Fällen von Schuldnern darzulegen sein, indem sie ausführen, aus welchen Gründen sie dauerhaft erreichbar sein müssen. Hierunter wird auch der Umstand fallen, dass es gar keinen Festnetzanschluss gibt und damit das Smartphone die einzige vorhandene Telefonverbindung ist.
Daher wird man von einer grundsätzlichen Unpfändbarkeit eines Smartphones ausgehen können. Es verbleibt aber auch diesbezüglich die Möglichkeit der Austauschpfändung, indem ein hochwertiges Smartphone gepfändet und ein Mobiltelefon der Basisausstattung bzw. der für einen Erwerb notwendige Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird.
Ein geändertes Einkaufs- und Statusverhalten führt so zu einer veränderten Zielrichtung der Pfändungsmöglichkeiten.
Sollten Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen über meine Mitarbeiterin Frau Kalem unter der Telefonnummer 0241/94621-138 oder per E-Mail unter lange@daniel-hagelskamp.de.
Carsten Lange
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Insolvenzverwalter
Mediator/ Wirtschaftmediator (DAA)
Unmittelbare Zahlungen eines Insolvenzschuldners an seine Gläubiger
Standpunkte /von Carsten LangeSind unmittelbare Zahlungen eines Insolvenzschuldners an seine Gläubiger „neben der Insolvenzquote“ rechtlich möglich?
I. Ausgangslage
Ein Insolvenzverfahren hat den Zweck, dass alle Insolvenzgläubiger in gleicher Höhe befriedigt werden. Zu diesem Zweck melden die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle an und erhalten in gleicher Höhe am Ende des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter eine Quote ausbezahlt.
Darf ein Insolvenzschuldner neben dieser Quotenzahlung an die Insolvenzgläubiger unmittelbar Zahlungen erbringen?
Kann ein Insolvenzgläubiger diese Zahlungen annehmen, ohne sich einem Rückforderungsrisiko ausgesetzt zu sehen?
Der Bundesgerichtshof hatte hierzu in seinem Urteil vom 14.01.2010 (IX ZR 93/09) folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Ein Insolvenzschuldner wollte sein neues Fahrzeug anmelden. Die Zulassungsstelle machte aufgrund der entsprechenden gesetzlichen Grundlage die Anmeldung des Fahrzeuges davon abhängig, dass zuvor die Rückstande bezahlt werden.. Der Schuldner zahlte daraufhin den geschuldeten Betrag aus seinem insolvenzfreien Vermögen.
Der Insolvenzverwalter forderte diese Zahlung erfolglos zurück. Letztendlich verneinte also der Bundesgerichtshof einen Rückforderungsanspruch.
II. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen
Welche Rechtsnormen und rechtlichen Grundsätze sind bei dieser Fragestellung von rechtlicher Bedeutung?
1. Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger
Wie vorstehend ausgeführt, soll durch die Anmeldung zur Insolvenztabelle und die Befriedigung nach gleicher Insolvenzquote erreicht werden, dass die Insolvenzgläubiger eine gleichmäßige Befriedigung erhalten. Der Bundesgerichtshof führt in seinem vorerwähnten Urteil aus, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens jedoch nur in Bezug auf die Insolvenzmasse gilt. Für das freie, nicht zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners gilt der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzverfahren nicht.
Damit ist ein Insolvenzschuldner grundsätzlich frei, sein insolvenzfreies Vermögen und damit insbesondere seine unpfändbaren Einkünfte zur Zahlung an Insolvenzgläubiger zu verwenden.
2. Obliegenheit des Schuldners nach § 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO
Während der Dauer der Wohlverhaltensphase hat der Schuldner die in § 295 InsO aufgeführten Obliegenheiten zu erfüllen. Wenn er diese Obliegenheiten nicht erfüllt, droht ihm die Versagung der Restschuldbefreiung. Die Obliegenheit in § 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO lautet wie folgt:
„Dem Schuldner obliegt es, während der Laufzeit der Abtretungserklärung Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen.“
Diese Obliegenheit besteht demzufolge nur in der Wohlverhaltensphase und damit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die Frage, ob ein Verstoß gegen die Obliegenheit vorliegt, wenn aus unpfändbarem Vermögen gezahlt wird, lässt der Bundesgerichtshof in seinem Urteil ausdrücklich offen. In der Kommentierung dieser Rechtsnorm wird unter Verweis auf ein Urteil des Amtsgerichts Göttingen eine Verletzung dieser Obliegenheit verneint, wenn der Schuldner aus seinem freien Vermögen Zahlungen leistet. (MüKo/Ehricke, § 294 InsO Rn. 32, AG Göttingen ZInsO 2005, 1001, 1002).
Gestützt auf diese Kommentierungen und die Rechtsprechung liegt danach kein Verstoß gegen die Obliegenheit nach § 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO vor, wenn aus dem pfändungsfreien Vermögen und Einkommen gezahlt wird.
3. Gleichbehandlung der Gläubiger gemäß § 294 Abs. 2 InsO
Nach § 294 Abs. 2 InsO ist jedes Abkommen des Schuldners oder einer anderen Person mit einzelnen Insolvenzgläubigern, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird, nichtig. Nichtig bedeutet, dass es unwirksam ist.
Diese gesetzliche Regelung ist hinsichtlich ihrer zeitlichen Anwendung weitzufassen. Der Zeitpunkt einer derartigen Absprache, die unter diese Norm fällt, kann daher nicht nur während, sondern auch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen.
Unberechtigt ist ein Sondervorteil dann, wenn die Insolvenzmasse unter Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gläubiger reduziert wird. Im Übrigen kann der Schuldner mit seinem freien Vermögen nach eigenem Belieben verfahren (MüKo/Ehricke, § 294 InsO, Rz. 32). Wenn der Insolvenzschuldner also eine Vereinbarung über eine Zahlung aus seinem unpfändbaren Einkommen mit einem Insolvenzgläubiger schließt, liegt grundsätzlich keine Unwirksamkeit dieser Absprache nach § 294 Abs. 2 InsO vor.
Eine Ausnahme besteht aber für den Fall, dass ein Insolvenzschuldner mit dieser Vereinbarung (auch bei Zahlungen aus dem insolvenzfreien Vermögen) insolvenzwidrige Zwecke verfolgt (Uhlenbruck/Sternal, § 294 InsO, Rz. 26). Ein insolvenzwidriger Zweck kann beispielsweise darin liegen, dass der Insolvenzschuldner mit derartigen Absprachen ein bestimmtes Stimmverhalten eines Gläubigers bei einer zukünftigen Abstimmung der Gläubigerversammlung beeinflussen möchte.
4. Sittenwidrigkeit einer Absprache zwischen Insolvenzschuldner und seinem Gläubiger
Eine Absprache zur Zahlungsverpflichtung durch den Insolvenzschuldner mit seinem Gläubiger kann sittenwidrig sein und kann demzufolge eine Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB mit sich bringen. Diese Thematik ist wiederum relevant für den Insolvenzgläubiger, der eine Absprache über unmittelbare Zahlungen aus dem unpfändbaren Vermögen mit dem Insolvenzschuldner schließt.
Auch mit dieser Thematik hat sich der Bundesgerichtshof in dem vorerwähnten Urteil vom 14.01.2010 (IX ZR 93/09) beschäftigt. Der Bundesgerichtshof führt dazu aus, dass ein Fall der Sittenwidrigkeit vorliegen kann, wenn ein Gläubiger mit Monopolstellung Leistungen, die ein Schuldner dringend benötigt von der Begleichung rückständiger Verbindlichkeiten in einem Umfange abhängig macht, die dem insolventen Schuldner aus seinem Pfändungs- und damit insolvenzfreien Vermögen nicht zuzumuten ist.
Auf der einen Seite muss der Insolvenzschuldner also auf die Leistung dringend angewiesen sein und auf der anderen Seite muss die Zahlung der Rückstände für ihn aus dem insolvenzfreien Vermögen unzumutbar sein. In diesen Fällen ist eine Sittenwidrigkeit der Absprache zu bejahen. Derartige Regelungen sollte man als Insolvenzgläubiger mit seinen Schuldnern daher nicht treffen.
III. Ergebnis der Bewertung
Im Grundsatz ist demzufolge festzuhalten, dass es einem Insolvenzschuldner rechtlich möglich ist, seine Gläubiger aus seinem pfändungsfreien Vermögen „neben der Insolvenzquote“ zu befriedigen und entsprechende Absprachen zu treffen. Er darf dabei aber keine insolvenzwidrigen Zwecke verfolgen. Der Insolvenzgläubiger wiederum darf sich nicht auf die Ebene der Sittenwidrigkeit begeben.
Sollten Sie weitere Fragen zu dieser Thematik oder Fragestellungen aus dem Insolvenzrecht haben, stehe ich Ihnen hierfür gerne zur Verfügung. Sie erreichen mich telefonisch über meine Mitarbeiterin Frau Kalem unter der Telefonnummer (0241) 94621-138. oder über meine E-Mail-Adresse unter lange@daniel-hagelskamp.de.
Carsten Lange
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Insolvenzverwalter
Mediator/ Wirtschaftmediator (DAA)
Ratenzahlungsvereinbarungen mit Kunden: Die Gefahr der Vorsatzanfechtung sitzt mit am Tisch
Standpunkte /von Carsten LangeAnfechtungsschreiben von Insolvenzverwaltern sind äußerst unbeliebte Post. Mit der Anfechtung fordert ein Insolvenzverwalter eine Leistung des Insolvenzschuldners an die Insolvenzmasse zurück.
Zu dem Thema der Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) gibt es derzeit Pläne der Bundesregierung, sie zu ändern und damit in ihrer Wirkung zu entschärfen. Wenn Sie diesen Begriff googeln, finden Sie diverse Stellungnahme von Berufsverbänden und Artikel aus der wirtschaftorientierten Presse, die sich ebenfalls mit diesem Thema auseinandersetzen. Wann eine Gesetzesänderung kommt und welchen Inhalt sie haben wird, ist derzeit nicht vorhersehbar.
Damit werden wir mit der derzeitigen Gesetzes- und damit Rechtslage weiter leben (müssen). Was macht die Vorsatzanfechtung “gefährlich”?
Es ist der Zeitraum. Es können Leistungen des Schuldners aus einem Zeitraum von zehn Jahren von dem Insolvenzverwalter zurückgefordert werden. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung in § 133 InsO ist der Anwendungsbereich für eine derartige Rückforderung eng gesteckt. Voraussetzung ist, dass der Insolvenzverwalter nachweist, der Insolvenzschuldner habe mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen gehandelt und sein Gläubiger als der Leistungsempfänger muss diesen Vorsatz gekannt haben. Vorsatz bedeutet das Wissen und Wollen und damit in diesem Fall das Wissen und Wollen des Insolvenzschuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen. Dieser Umstand ist grundsätzlich schwer nachzuweisen.
Der Bundesgerichtshof hat diesen so genannten subjektiven Tatbestand erheblich ausgeweitet und hierin liegt das Risiko in der Anwendung der Vorsatzanfechtung. Kurz zusammen gefasst beinhaltet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes:
- Ein Benachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners wird vermutet, wenn der Schuldner zum betreffenden Zeitpunkt zahlungsunfähig war und seine Zahlungsunfähigkeit kannte.
- Kennt der Gläubiger des Schuldners die Zahlungsunfähigkeit seines Gegenübers (Schuldners), so kennt er in der Regel auch die Gläubigerbenachteiligung.
Das bedeutet im Ergebnis, dass Sie einem Anfechtungsrisiko ausgesetzt sind, wenn Sie von einem Kunden eine Leistung erhalten und zu diesem Zeitpunkt seine Zahlungsunfähigkeit kennen. Diese Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit muss der Insolvenzverwalter beweisen. Hierfür gibt es gesetzliche Vermutungen. Wenn Sie Aspekte kennen, aufgrund derer auf eine Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden kann, kennen Sie nach diesen gesetzlichen Vermutungen auch die Zahlungsunfähigkeit. Derartige Aspekte sind beispielsweise: Ihre erfolglose Androhung mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, ergebnislose außergerichtliche Mahnungen, Nichteinhaltung von Ratenzahlungsvereinbarung, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, zurückgegebene Lastschriften.
Dieses Risiko der Rückforderungen durch den Insolvenzverwalter können Sie einschränken. Beispielhaft seien an dieser Stelle drei Aspekte erwähnt:
1. Bargeschäft (§ 142 InsO)
Ein Bargeschäft bedeutet, dass Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind und in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden. Dies muss nicht zwangsläufig immer durch Barzahlung erfolgen. Ein Beispiel dafür ist der Verkauf von Ware auf Rechnung, die innerhalb der handelsüblichen Fristen (bis 30 Tage) beglichen wird. Wenn Ihr Kunde im Zuge dessen die Zahlung ausschließlich dazu leistet, seine Vertragsverpflichtungen aus diesem Geschäft zu erfüllen und damit letztendlich sein Unternehmen fortzuführen und damit allen Gläubigern zu nutzen, handelt er nicht mit dem vorbenannten Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung. In diesem Fall besteht kein Anspruch aus der Vorsatzanfechtung.
2. Ratenzahlungsvereinbarung ohne »sonstige Auffälligkeiten«
Der Leitsatz eines Urteils des Bundesgerichtshofes vom 16. April 2015 (IX ZR 6/14) lautet wie folgt: “Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit des Schuldners.”
Diese neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zeigt, dass einer Ratenzahlungsvereinbarung also nicht “per se” gefährlich ist. Das Risiko der Vorsatzanfechtung besteht vielmehr, wenn daneben Indizien existieren, aufgrund derer ein Insolvenzverwalter auf die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei beiden Beteiligten schließen kann. Dies sind die bereits erwähnten Indizien, wie z. B. zahlreiche erfolglose Mahnungen, zurückgegebene Lastschriften, Drohungen mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
Positiv betrachtet gibt es an dieser Stelle Handlungs- und Gestaltungsoptionen, um auf der Basis dieser Rechtsprechung das Risiko einer Vorsatzanfechtung zu verringern.
3. Liquiditätsauskunft des Kunden
Wie bei jedem zur Diskussion stehenden Thema gibt es nicht nur eine Schwarz- oder Weiß-Bewertung, sondern die Wahrheit liegt meist in der Mitte. Diese Wahrheit ist im vorliegenden Fall: Wenn Sie eine Ratenzahlungsvereinbarung mit einem Kunden schließen und damit bereits eine Leistung erbracht haben, auf die Sie nunmehr ratierlich Zahlungen erhalten, sind Sie Kreditgeber Ihres Kunden.
Und an dieser Stelle sollte man sich auch wie ein Kreditgeber und damit wie eine Bank verhalten und dies bedeutet wiederum: Wer nicht kreditwürdig ist, bekommt keinen Kredit. Um diese Kreditwürdigkeit zu kennen, muss man in dem erforderlichen Maße einen Einblick in die wirtschaftliche Situation seines Kunden (= Kreditnehmer) bekommen. Dies kann u. a. dadurch geschehen, dass Sie die Kunden im Zuge von Ratenzahlungsvereinbarungen um eine von Ihnen formularmäßig vorbereitete Liquiditätsauskunft bitten. Wenn das Ergebnis dieser Liquiditätsauskunft positiv ist, haben Sie keine Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit Ihres Kunden und damit ein erhebliches Argument, wenn sich später bei Ihnen ein Insolvenzverwalter dieses Kunden mit einem Anfechtungsschreiben meldet. Wenn ein Kunde, nachdem er eine positive Liquiditätsauskunft erteilt hat, aber mit seinen Ratenzahlungen in Verzug gerät, ist die in der Vergangenheit erteilte Liquiditätsauskunft wiederum nur Makulatur. Entweder stimmten die damaligen Zahlen nicht oder die wirtschaftliche Lage Ihres Kunden hat sich wiederum geändert. In diesem Fall können Sie sich auf die damalig erteilte positive Auskunft aufgrund der neuen dieser Auskunft widersprechenden Kenntnisse nicht mehr berufen.
Im Ergebnis ist festzuhalten:
- Mit der Vorsatzanfechtung werden wir derzeit weiter leben müssen.
- Von ihr geht ein gewichtiges wirtschaftliches Risiko aus.
- Diesem Risiko kann man aber durch entsprechende Handlungs- und Gestaltungsoptionen vorbeugen und einige sind vorstehend erwähnt. Wenn Sie hierzu weitere Fragen haben oder derartige Maßnahmen zur Minimierung des Risikos der Vorsatzanfechtung in Ihrem Unternehmen installieren möchten, stehe ich Ihnen hierfür gerne zur Verfügung: Entweder telefonisch über meine Mitarbeiterin Frau Kalem (0241/94621-138) oder per E-Mail unter lange@daniel-hagelskamp.de.
Carsten Lange
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Insolvenzverwalter
Mediator/ Wirtschaftmediator (DAA)
Navigation
Kurzportrait
DH&K ist Ihre erfahrene Wirtschaftskanzlei aus Aachen. Wir denken unternehmerisch und verstehen uns als Full-Service-Dienstleister. Rechts- und Steuerberatung auf höchstem Niveau in einer persönlichen Beratungs- und Arbeitsatmosphäre sind die Zielsetzungen unserer täglichen Arbeit.
Wir sind im internationalen Recht zu Hause. Unsere Anwälte haben Zulassungen in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Spanien und beherrschen die Fremdsprachen perfekt.

Kontaktdaten
Daniel · Hagelskamp & Kollegen
Rechtsanwälte und Steuerberater
Jülicher Str. 215
52070 Aachen
Parkplätze sind in großer Anzahl vorhanden.
Telefon: +49 241 94621 – 0
Telefax: +49 241 94621 – 111
E-Mail: kanzlei@dhk-law.com
Kontaktformular
24 Stunden Notfalltelefon in Strafsachen
Telefon: +49 157 36 39 83 01