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AGB für den Export (B2B)
Standpunkte /von Guido ImfeldWährend man sich im innerdeutschen Rechtsverkehr zunehmend fragen kann, ob angesichts der Restriktionen des deutschen AGB-Rechts die Verwendung von AGB überhaupt einen Sinn macht, ist dies bei dem Export von Waren aus Deutschland von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
Aus jahrelanger Erfahrung, insbesondere aufgrund des Schwerpunktes unserer Mandantschaft im Maschinenbau und der Doppelzulassung des Verfassers als Anwalt in Deutschland und Belgien, haben wir AGB entwickelt, die insbesondere den praktischen Bedürfnissen im internationalen Handel Rechnung tragen.
Diese AGB weichen bereits dadurch maßgeblich zum Beispiel von den VDMA-AGB ab, weil sie aufgrund der Ungeeignetheit des deutschen AGB-Rechts, insbesondere aufgrund der Unmöglichkeit, effektive Haftungsbeschränkungen vorzusehen, gerade nicht auf deutschem, sondern maßgeblich auf UN-Kaufrecht basieren.
Diese AGB finden Anwendung sowohl auf klassische Warenverkäufe von Maschinen, Komponenten und Ersatzteilen wie auch auf die Lieferung gesamter Anlagen. Da Maschinenbauer häufig auch Serviceleistungen erbringen, sind in den AGB zudem eigenständige Klauseln für die Erbringung von Service- und Wartungsleistungen vorgesehen. Dies hat den Vorteil, dass der Verwender nur eine Fassung der AGB verwenden muss, die auch dann Anwendung finden, wenn aus welchen Gründen auch immer der Vertrag als Werk- oder Dienstvertrag qualifiziert wird.
Die AGB können für sämtliche Exportfälle in alle Länder der Welt Verwendung finden (soweit gewährleistet ist, dass diese Länder eine Rechtswahl und die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes akzeptieren, was in aller Regel aufgrund des New-Yorker-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 der Fall ist; bei Gerichtsstandsvereinbarungen ist dies außerhalb des Anwendungsbereichs der Brüssel 1a-Verordnung nicht immer gewährleistet).
Das nach Maßgabe der AGB anwendbare Recht ist das Schweizer Recht. Da die Schweiz wie Deutschland und, Stand heute, 91 weitere Staaten (einschließlich fast aller Staaten der EU, China, Vereinigte Staaten) das UN-Kaufrecht (CISG) ratifiziert haben, hat dies den Vorteil, dass der Verkäufer in den Vertragsverhandlungen, darauf verweisen kann, dass letztlich nicht nur aufgrund des Art. 4 der Rom I-Verordnung das Recht anwendbar wäre, das auch abseits einer Vereinbarung Anwendung fände, sondern darüber hinaus mit Ausnahme einiger Staaten (z.B. Großbritannien, Portugal, Malta und Brasilien) das Kaufrecht, das ja bereits gemeinsames Recht beider Parteien bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen ist.
Der Vertrag ist gemäß Art. 3 CISG dann als Kaufvertrag zu qualifizieren, wenn der Wert der zu liefernden Waren über dem Wert der werk- oder dienstvertraglichen Zusatzleistungen wie zum Beispiel Montage, Schulung und Inbetriebnahme liegt. Ob es sich um individuell auf die Belange des Kunden zugeschnittene Waren oder zum Beispiel fest mit Fundamenten verbundene Anlagen und Anlagen-Komponenten handelt, spielt insoweit keine Rolle. In den allermeisten Fällen dürften die sogenannten gemischten Verträge (Werklieferungsverträge) kaufvertraglich zu qualifizieren sein. Anwendung findet das UN-Kaufrecht auch auf die Lieferung gesamter Anlagen. Die Bewertung ist allerdings einzelfallabhängig und es empfiehlt sich vor dem Hintergrund des Art. 3 CISG, eine interne Kalkulation zum Zwecke der Dokumentation vorzuhalten, genauso, wie es sich empfiehlt, die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts unter Hinweis auf dessen Art. 3 CISG ausdrücklich vorzusehen, statt es nur bei der allgemeinen Rechtswahl zu dem Recht eines Vertragsstaats zu belassen.
Die Anwendbarkeit des Schweizer Rechts hat drei maßgebliche Gründe. Der erste Grund ist, dass es eines Auffang- oder Ankerrechts bedarf, da bestimmte Aspekte des Kaufvertrages nicht vom UN-Kaufrecht geregelt werden. Dies betrifft zum Beispiel die Stellvertretung, die Aufrechnung, die Verjährung, die Höhe von Verzugszinsen und die Frage des Eigentumsübergangs. Stellvertretung und Aufrechnung sind in aller Regel keine praxisrelevanten Probleme. Die Höhe der Verzugszinsen ist in den AGB bestimmt, ergibt sich aber ansonsten zumindest EU-weit aus der Richtlinie zum Zahlungsverzug. Die Frage der Verjährung ist im Vertrag bzw. in den zugrunde liegenden jeweiligen Angeboten (besondere Vertragsbedingungen) geregelt und wird in aller Regel im Bereich von 24-12 Monaten liegen. Der Eigentumsübergang richtet sich nach dem Recht des Landes, in das die Sache geliefert wird und ist gemäß dem Prinzip der lex rei sitae keiner Rechtswahl zugänglich (infolgedessen gehen auch die meisten Regelungen zum Beispiel zum verlängerten Eigentumsvorbehalt und der Verarbeitungsklausel ins Leere, da mit Ausnahme des einfachen Eigentumsvorbehalts die meisten Länder die im deutschen Recht entwickelten Varianten des Eigentumsvorbehalts nicht anerkennen; vorsorglich werden diese dennoch in den AGB vorgesehen, falls der Lieferort in Deutschland belegen ist oder ein ausländisches Recht, wie zum Beispiel Litauen, entsprechende Regelungen ebenfalls kennen; im Übrigen greift der Auffangtatbestand des einfachen Eigentumsvorbehalts).
Für den Fall, dass der Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren ist, kommt die zweite Funktion der Wahl des Schweizer Rechts zum Tragen. In diesem Fall ist der Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts nämlich nicht eröffnet. Insoweit ist dann das unvereinheitlichte Schweizer Recht anwendbar. Das Schweizer Werkvertragsrecht ist unseres Erachtens für den Auftragnehmer sogar vorteilhafter als das deutsche Werkvertragsrecht.
Die dritte und maßgebliche Funktion der Wahl des Schweizer Rechts ist, die Anwendbarkeit des deutschen AGB-Rechts zu vermeiden. Wie eingangs angesprochen erlaubt das deutsche AGB-Recht auch im unternehmerischen Verkehr keinerlei effektive Beschränkung der Haftung, insbesondere für Folgeschäden. Beschränkt bzw. ausgeschlossen werden kann mittels AGB nur die Haftung für die leicht fahrlässige Verletzung nicht wesentlicher Vertragspflichten. In unserer Praxis ist uns noch kein Fall begegnet, wo eine relevante Haftung aus der Verletzung unwesentlicher Vertragspflichten resultierte. Paradoxerweise ist aus deutscher Sicht das deutsche AGB-Recht und dessen Anwendbarkeit im kaufmännischen Verkehr eines der größten Exporthemmnisse.
Eine Möglichkeit, die Anwendung des deutschen AGB-Rechts zu vermeiden, wäre die Wahl zum deutschen Recht mit Ausschluss der Vorschriften der §§ 305 – 310 BGB. Es ist jedoch umstritten, ob dies zulässig oder eine rechtsunwirksame Umgehung zwingender Normen sein könnte. Höchstrichterlich ist diese Frage noch nicht entschieden worden. Eine partielle Rechtswahl oder Abwahl eines Teils einer Rechtsordnung wäre allerdings nach Maßgabe von Art. 3 Rom I-Verordnung grundsätzlich zulässig.
Die hier vorgesehene alternative Möglichkeit, die AGB-Kontrolle nach deutschem Recht zu vermeiden, ist die Vereinbarung Schweizer Rechts. Der Vorteil des Schweizer Rechts liegt darin, dass dieses keine AGB-Kontrolle im kaufmännischen Rechtsverkehr vorsieht. Damit wären Haftungsbeschränkungen sowohl im Kauf- wie auch Werkvertragsrecht wirksam. Man könnte sogar weitestgehend mit Ausnahme von Vorsatztatbeständen Haftungsausschlüsse vereinbaren, die wahrscheinlich allerdings kaufmännisch nicht durchsetzbar wären. Für deutsche Anwender liegt der Vorteil auch darin, dass die Rechtsquellen auf Deutsch vorhanden und die rechtlichen Traditionen sehr ähnlich sind, wenn auch keinesfalls gleich.
Diskutiert wird teilweise, ob die Vereinbarung von Schweizer Recht nicht möglicherweise einen Umgehungstatbestand darstellt, so dass deutsche Zivilgerichte im Hinblick auf Art. 9 der Rom I-Verordnung entscheiden könnten, dass bei einem Gerichtsstand in Deutschland aufgrund von Art. 9 Rom I-Verordnung die zwingenden Vorschriften der deutschen Rechtsordnung, die bei Abwesenheit einer Rechtswahl nach Maßgabe von Art. 4 Rom I-Verordnung zur Anwendung berufen wäre, zu berücksichtigen sind. Dies wäre wiederum das deutsche AGB-Recht. Allerdings setzt die Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-Verordnung nicht voraus, dass mit Ausnahme von international-privatrechtlich zwingenden Vorschriften, zu denen das AGB-Recht nicht gehört, ein Zusammenhang zwischen den Vertragsparteien oder dem Vertragsgegenstand und dem anwendbaren Recht besteht. Die Zulässigkeit des Ausweichens auf das Recht eines Drittlandes erschließt sich bereits daraus, dass häufig als kaufmännische Kompromisslösung in Fällen, in denen man sich über die Vereinbarung des Heimatsrechts der einen oder anderen Vertragspartei nicht einigen kann, das Recht eines Drittstaates gewählt wird.
Um aber auch ein Restrisiko auszuschließen, ist in unseren AGB die Vereinbarung eines Schweizer Schiedsgerichts statt der staatlichen Gerichte vorgesehen, da die Rom I-Verordnung auf Schiedsverfahren keine Anwendung findet. Dabei ist allerdings auch umstritten, ob dies insgesamt für das materielle Recht, das auf den Vertrag anwendbar ist, gilt oder nur für die Frage des Zustandekommens in der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Ich halte Letzteres für richtig. Es erscheint mir zwar unwahrscheinlich, dass im Hinblick auf § 1051 ZPO ein deutsches Schiedsgericht gehalten sein könnte, das zwingend anwendbare materielle Recht mittelbar über die Rom I-VO zu berücksichtigen. Die Vereinbarung eines Schweizer Schiedsgerichts, wie hier vorgesehen, vermeidet jedoch auch dieses Restrisiko. Denn ein Schweizer Schiedsgericht wird die Anwendbarkeit des Schweizer Rechts kaum als unzulässig betrachten.
Der Anwender muss allerdings beachten, dass die wirksame Vereinbarung eines Schiedsgerichtes, wie auch im internationalen Rechtsverkehr die wirksame Vereinbarung eines Gerichtsstandes, die Einhaltung der Schriftform voraussetzt. Die in Deutschland geltende Rechtsprechung, wonach ein Hinweis auf die Maßgeblichkeit der AGB inklusive Gerichtsstand ausreicht, ist im internationalen Kontext nicht einschlägig. Die Einbeziehung der AGB in den Vertrag setzt bereits voraus, dass diese vor oder bei Abschluss des Vertrages in Textform übersandt werden, und zwar in einer Sprache, die zumindest Korrespondenzsprache ist. Häufig wird davon ausgegangen, dass die AGB dem Käufer entgegenhaltbar sind, wenn sie in dessen Landessprache gehalten sind. Allerdings gibt es viele Länder wie Belgien, Schweiz, Italien oder Luxemburg, die mehrsprachig sind, wobei nicht immer sichergestellt ist, dass der Empfänger sämtliche Landessprachen spricht. Auch kommt es in der globalisierten Wirtschaft häufig vor, dass ein Kaufmann nicht die Sprache des Landes spricht, in dem er seine Niederlassung hat. Der bessere Weg ist daher, die AGB in der Korrespondenzsprache zu verwenden, was meistens Englisch sein wird. Ist dies nicht die Korrespondenzsprache, weil der Verkäufer zum Beispiel mehrsprachige Mitarbeiter hat oder, aus deutscher Sicht, in ein Land, in dem ebenfalls Deutsch gesprochen wird, geliefert wird, sollte in der Korrespondenz dokumentiert werden, dass der Käufer mit der Verwendung englischsprachiger AGB einverstanden ist, was zum Beispiel, siehe unten, auch durch schriftliche Bestätigung des Angebots erfolgen kann.
Die Übermittlung des Texts der AGB ist heutzutage angesichts des Umstandes, dass die meisten Angebote per E-Mail übermittelt werden, kein Problem mehr. Sollte eine Übermittlung per Fax oder per Post infrage stehen, müssen die AGB in Textform beigefügt werden, was durch einen Aktenvermerk dokumentiert werden sollte. Darüber hinaus gilt, wie ausgeführt, für die Vereinbarung eines Gerichtsstandes oder eines Schiedsgerichtes, dass diese Vereinbarung insoweit schriftlich erfolgen muss, als zumindest die Partei, gegen die sich die Vereinbarung richtet, also in diesem Fall der Käufer, die Vereinbarung schriftlich bestätigen muss. Wir empfehlen unseren Mandanten, dies in der Weise zu tun, dass in dem Angebot auf die Einbeziehung der AGB verwiesen wird. Das Angebot sollte des Weiteren einen ausdrücklichen Hinweis auf die in den AGB enthaltenen Gerichtsstands- bzw. Schiedsklausel enthalten. Dieses Angebot sollte von dem Empfänger zur Dokumentation der Annahme unterzeichnet werden. Dies erfüllt das Schriftformerfordernis.
Bei Fehlen einer wirksamen Vereinbarung erschließt sich der Gerichtsstand aus Art. 4 oder Art. 7 der Brüssel 1a-Verordnung, d. h. entweder der Gerichtsstand am Sitz des Käufers oder am Lieferort, der in der Praxis jedoch regelmäßig ebenfalls am Sitz des Käufers ist, vor allem, wenn neben der Lieferung auch die Montage und Inbetriebnahme geschuldet wird.
Hinzuweisen ist darauf, dass die Rechtsprechung des EuGH wie auch der deutschen Gerichte Vereinbarungen zum Erfüllungsort, die von dem tatsächlichen Lieferort abweichen, nur dann zur Rechtfertigung eines Gerichtsstandes zulässt, wenn diese Vereinbarung schriftlich erfolgt ist. Denn ansonsten könnte die Schriftform des Art. 25 Brüssel 1a-Verordnung, die auf Gerichtsstandsvereinbarungen Anwendung findet, zu leicht umgangen werden.
In dem Falle, dass aus welchen Gründen auch immer eine wirksame Schieds- oder Gerichtsstandsvereinbarung nicht zustande kommt, wäre der Verkäufer im Falle von Streitigkeiten gezwungen, einen Rechtsstreit im Ausland zu führen. Dies passiert in der Praxis häufiger als gewünscht. Gerade hier ist die Wahl des UN-Kaufrechts, soweit Kaufverträge betroffen sind, von Vorteil. Denn weil das UN-Kaufrecht in den allermeisten Ländern Anwendung findet und die Länder, die es nicht ratifiziert haben, mit dem UN-Kaufrecht aufgrund des Umstandes, dass die meisten Importfälle diesem Recht unterliegen, vertraut sind, ist die Rechtsdurchsetzung in diesen Fällen ungleich leichter als zum Beispiel bei Anwendbarkeit des deutschen unvereinheitlichten Rechts. Denn einem ausländischen Gericht deutsches Recht näherzubringen, ist bereits schwierig, abgesehen von den horrenden Kosten von Sachverständigengutachten und der Übersetzung einschlägiger Rechtsquellen und insbesondere der zitierten Rechtsprechung, die bei Anwendbarkeit einer dem Gericht fremden Rechtsordnung notwendig werden.
Soweit das deutsche Recht für den Verkäufer insoweit vorteilhafter ist, als Schadensersatz Verschulden voraussetzt, was im UN-Kaufrecht aufgrund der dort im Wege einer Garantiehaftung ausgestalteten Gewährleistungshaftung anders ist, setzt nach Maßgabe der vorgeschlagenen AGB die Haftung auf Schadensersatz Verschulden voraus. Dies erscheint nicht unzulässig, weil selbst bei Anwendung deutschen AGB-Rechts die in Art. 6 CISG vorgesehene Möglichkeit der Abwahl des UN-Kaufrechts zulässig ist. Wenn aber eine vollständige Abwahl des UN-Kaufrechts zum Vorteil des deutschen Rechts zulässig ist, dann muss auch eine vertragliche Vereinbarung, dass abweichend vom Gesetzeswortlaut Voraussetzung der Haftung auf Schadensersatz Verschulden ist, zulässig sein. Dies ist bei Anwendung des Schweizer Rechts mangels AGB-Kontrolle unproblematisch. Selbst bei Anwendbarkeit des deutschen AGB-Rechts würde es jedoch zu einem Wertungswiderspruch führen, einen Grundsatz des deutschen unvereinheitlichten Rechts als unwirksame Klausel im Sinne von § 307 BGB zu qualifizieren.
Die AGB setzen bereits die Anwendbarkeit der Incoterms 2020 voraus, die ab dem 1. Januar 2020 gelten.
Zuletzt noch ein Wort zur Force-Majeure-Klausel. Was höhere Gewalt ist, ergibt sich im Zweifel aus dem jeweils anwendbaren nationalen Recht. Daher sollten die Tatbestände der höheren Gewalt in den AGB im Einzelnen beispielsweise, jedoch nicht abschließend benannt werden. Im vorliegenden Fall sind auch Folgen eines ungeordneten Brexits, insbesondere Unmöglichkeit der Erfüllung von Zollformalitäten, Probleme bei der Durchführung der zeitgerechten Lieferung aufgrund von Stauungen bei der Zollabfertigung etc. Gegenstand der Klausel. Man könnte hierauf entgegnen, dass die Gefahr eines ungeordneten Brexits seit der Parlamentswahl vom 12. Dezember 2019 beseitigt ist. Ich sehe dies jedoch nicht so, da der britische Premierminister selbst bei Annahme der Übergangsregelungen ausdrücklich eine Verlängerung der Übergangsfrist bis über den 31.12.2020 hinaus abgelehnt hat. Die meisten Fachleute sind sich jedoch darin einig, dass es kaum möglich sein wird, einen Handelsvertrag zwischen der EU und Großbritannien innerhalb dieser Frist zu verhandeln. Infolgedessen sollte ein ungeordneter Brexit weiterhin Gegenstand der Force-Majeure-Klausel bleiben. Im Übrigen sind auch sekundäre Sanktionen dort als Tatbestand enthalten. Sekundäre Sanktionen sind Auswirkungen von zum Beispiel US-amerikanischen Sanktionen, die weder in dem Land des Verkäufers noch in dem Zielland gelten, jedoch aufgrund wirtschaftlichen Drucks von den Unternehmen befolgt werden (müssen). Die Erfüllung zum Beispiel eines wirksam mit einer iranischen Partei abgeschlossenen Kaufvertrages kann zivilrechtlich gesehen nicht unter Hinweis auf Auswirkungen amerikanischer Sanktionen von einem deutschen Unternehmen abgelehnt werden, es sei denn, es wird zumindest der Versuch unternommen, die Unzumutbarkeit der Ausführung des Vertrages aufgrund der Wirkung von Sanktionen infolge entsprechender Vereinbarung in AGB darzulegen. Ob dies im Ergebnis rechtswirksam gelingt, kann allerdings nicht abschließend prognostiziert werden. Schaden wird es jedenfalls nicht. Ausdrücklich aufgenommen haben wir zwischenzeitlich angesichts der Verbreitung des Corona-Virus Quarantänemaßnahmen, da diese nicht nur wie in China und Italien ganze Regionen betreffen können und damit sicherlich den Tatbestand der Force-Majeure-Klausel erfüllen, sondern auch einzelne Unternehmen, Abteilungen in Unternehmen oder individuelle Mitarbeiter betreffen können, was bei der Vertragsdurchführung zu Problemen führen kann, die nicht im Verantwortungsbereich des Verwenders der AGB liegen.
Für weitere Auskünfte zur Gestaltung von AGB steht Ihnen der Unterzeichner gerne zur Verfügung.
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AGB-Recht: Die Flucht ins ausländische Recht bei Standardverträgen
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido ImfeldErfolgreiches Vertragsmanagement von Unternehmen setzt häufig Standardisierung voraus. Es bietet sich an, bei sich wiederholenden Geschäftsvorgängen auf Vertragsmuster zurückzugreifen.
Die deutsche Wirtschaft, insbesondere die Exportwirtschaft, steht sich dabei aber teilweise aufgrund des Rechts „made in Germany“ selbst im Wege. Das deutsche Recht hat seine Meriten, ganz zweifellos. Es ist strukturiert und die zum deutschen Recht ergangene Rechtsprechung ist von ausgezeichneter Qualität. Aber das deutsche Recht hat einen großen Hemmschuh: Das AGB-Recht.
Hemmschuh im deutschen Recht: AGB-Recht
Mit Ausnahme insbesondere von Österreich und Deutschland gibt es kaum Länder auf dieser Welt, die im Bereich B2B eine im Vergleich zum deutschen AGB-Recht erstzunehmende Prüfung der Wirksamkeit von Vertragsklauseln im kaufmännischen Verkehr vorsehen. Die meisten nationalen Rechtsordnungen gehen davon aus, dass die Kaufleute mit ihrer Dispositionsfreiheit bei dem Aushandeln von Verträgen umgehen können. Dies ist vor allem der Fall in Ländern des common law.
Erfahrungsgemäß versucht jede Vertragspartie, ihr eigenes nationales Recht durchzusetzen. Dabei erfolgt diese Durchsetzung nicht reflektiert vor dem Hintergrund einer Analyse und des Vergleichs zwischen dem möglicherweise anwendbaren internationalen Recht (UN-Kaufrecht) und/oder den in Frage kommenden jeweiligen nationalen Bestimmungen, sondern als Reflex: Das, was näher und bekannt ist, erscheint besser und sicherer.
Dies ist allerdings nicht immer richtig.
Deutsches Recht ist grundsätzlich anwendbar, wenn der Vertragspartner, der die vertragscharakteristische Leistung erbringt (der Verkäufer, der Unternehmer, der Vertragshändler, der Handelsvertreter etc.) seinen Sitz in Deutschland hat oder die Parteien durch Rechtswahl die Anwendbarkeit des deutschen Rechts bestimmen (Artikel 3 und 4 Rom I-Verordnung).
Die meisten ausländischen Rechtsordnungen respektieren die Vertragsautonomie bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und der zwingenden Eingriffsnormen der Parteien nach Maßgabe des im deutschen Recht in § 307 Abs. 1 BGB enthaltenen Grundsatzes: Allgemeine Geschäftsbedingungen sind (erst) dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, insbesondere, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird.
Das deutsche Recht geht aber insbesondere in den Klauseln der §§ 308 und 309 BGB sehr viel weiter. So ist es im deutschen Recht z.B. so gut wie unmöglich, die Haftung effektiv einzuschränken, was häufig insbesondere im Hinblick auf Folgeschäden und daraus resultierende Risiken kaufmännisch jedoch unabdingbar ist.
Deutsche Unternehmen, die in Verhandlungen das deutsche Recht durchsetzen, versperren sich daher den Weg, ggf. sachgerechte Ergebnisse zu erzielen.
AGB liegen immer dann vor, wenn ein Verwender solcher Allgemeiner Geschäftsbedingungen diese in mehr als drei Fällen zu verwenden beabsichtigt, wobei die Klauselkontrolle bereits bei der ersten Verwendung greift.
Da die Verwendungsabsicht jedoch im subjektiven Bereich liegt und der Vertragspartner keinen Überblick darüber hat, bei wie vielen anderen Vertragsverhältnissen ggf. die AGB noch Verwendung finden, stellt das Gesetz eine Vermutung auf, wonach AGB dann vorliegen (können), wenn sich dies aus äußeren Gegebenheiten, z.B. der Vorformulierung oder der Aufmachung der Vertragsdokumente ergibt. Diese Vermutung muss dann der Verwender widerlegen. Hierbei kann er sich nicht auf das Bestreiten seiner Absicht, die AGB mehrfach zu verwenden, zurückziehen; er kann auch nicht wider besseren Wissens vortragen, er habe die AGB nur einmal verwendet, weil er sich für den Fall, dass dies nicht zutrifft, dem Vorwurf des Prozessbetruges aussetzen könnte.
Von AGB zu Individualvereinbarungen?
Ein Ausweg hieraus wird häufig in der Vermeidung der Anwendung des AGB-Rechts durch Individualvereinbarungen gesehen.
Es ist jedoch ein steiniger Weg des AGB-Verwenders zur Individualvereinbarung (siehe hierzu Kappus, NJW 1-2/2016, Seite 33). Denn einfache Umgehungstatbestände, wie z.B. deklaratorische Hinweis in AGB, bei den Vertragsbedingungen handele es sich um Individualvereinbarungen, was der Vertragspartner mit der Unterschrift bestätige, scheitern am AGB-Recht selbst. Eine gesonderte Bestätigung, dass es sich um eine Individualvereinbarung handele oder den Hinweis, man habe die Vertragsdokumente dem Verhandlungspartner mit der Bitte um Prüfung vorgelegt, reichen nach deutscher Rechtsprechung ebenfalls nicht aus, um aus AGB Individualvereinbarungen zu machen.
Es reicht auch nicht aus, zu dokumentieren, man habe den Vertrag gemeinsam durchgesehen, sei die einzelnen Bestimmungen durchgegangen und der Vertragspartner habe dabei Gelegenheit gehabt, die Vertragsbestimmungen in Frage zu stellen oder zu diskutieren.
Dies alles ist noch kein Aushandeln im Sinne eines Zur-Disposition-Stellens, wie es die Rechtsprechung fordert.
Individualvereinbarungen liegen erst dann vor, wenn die Parteien auf Augenhöhe verhandelt haben, der Verwender also mit der ernsthaften Absicht, die Klauseln zur Prüfung und Genehmigung durch seinen Vertragspartner vorzulegen, diese Regelungen tatsächlich zur Disposition gestellt und im Einzelnen verhandelt hat. Dieser Nachweis ist sehr schwer zu führen, umso schwerer, als ein solches tatsächliches, auf Augenhöhe-Verhandeln und zur Dispositionstellen ja im Zweifel gar nicht gewünscht wird und dem Zweck von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Geschäftsabläufe zu standardisieren, letztlich zuwiderläuft.
Aber erst, wenn eine solche Verhandlungssituation im Einzelnen beweissicher dokumentiert ist, kann man von Individualvereinbarungen ausgehen und die Anwendung des AGB-Rechts vermeiden.
Deshalb sollte tatsächlich in Betracht gezogen werden, gerade in Fällen mit hohem Haftungsrisiko aus Folgeschäden, von der in vielen in ausländischen Rechtsordnungen zulässigen Beschränkung der Haftung zu profitieren.
Unter Sorgfaltsgesichtspunkten setzt dies selbstverständlich einen Vergleich zwischen den Regelungen der heimischen Rechtsordnung und denjenigen der ins Auge gefassten ausländischen Rechtsordnung voraus.
Ausweichen auf ausländisches Recht
Unbesehen darf dabei nicht auf eine ausländische Rechtsordnung ausgewichen werden. Ein Beispiel hierzu: Vereinbart man z.B. in einem Kaufvertrag die Anwendbarkeit des unvereinheitlichten französischen Rechts des Code Civil, entgeht man zwar der AGB-Problematik. Aber im Hinblick auf Artikel 1645 Code Civil und die im französischen Recht unwiderlegbare Vermutung, dass ein professioneller Verkäufer Kenntnis von Mängeln zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Lieferung hat, kann man auch individuell Schadensersatzansprüche, insbesondere für Folgeschäden, nicht wirksam ausschließen.
Im belgischen Recht verhält es sich ähnlich, wobei in beiden Fällen z.B. die Einbeziehung des UN-Kaufrechts Abhilfe bieten kann.
Das Ausweichen auf das in deutscher Sprache verfügbare und sehr liberale Schweizer Recht, was häufig als Ausweg empfohlen wird, hat hingegen auch Gefahrenpotential. Denn hier setzt Artikel 3 Rom I-Verordnung der Rechtswahl durchaus Grenzen: Die Rechtswahl setzt Bezugspunkte des Vertrages zu dem gewählten Recht voraus, was z.B. bei einem Vertrag nach Schweizer Recht zwischen einem deutschen und einem französischen Unternehmen nicht unbedingt der Fall ist. Daher können zwingende Bestimmungen des ohne Rechtswahl anwendbaren Rechts, unter Umständen dann das deutsche AGB-Recht, über Artikel 3 Rom I-Verordnung wieder Anwendung finden.
Guido Imfeld
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Fristen und Fallen im Recht der Gewährleistung
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido ImfeldVom Entstehen des Gewährleistungsanspruchs bis zur Verjährung
Der Gewährleistungsanspruch entsteht in dem Zeitpunkt, in dem eine mangelhafte Sache an den Käufer geliefert wird.
Auf dem Weg zur Verjährung kann jedoch einiges geschehen, was dazu führt, dass Gewährleistungsansprüche nicht mehr durchsetzbar sind.
1. Untersuchungs- und Rügepflicht
a) Das deutsche unvereinheitlichte Recht des BGB und HGB
Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware gemäß § 377 HGB unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war. Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden, andernfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.
377 HGB statuiert daher bei dem Handelsgeschäft eine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit. Obliegenheit, weil es sich nicht um eine Pflicht des Käufers handelt, sondern um eine Sorgfaltsobliegenheit, bei deren Verletzung der Käufer seine Gewährleistungsrechte deshalb verliert, weil die gelieferte mangelhafte Ware als angenommen gilt.
Die gelieferte Ware ist unverzüglich zu untersuchen. Unverzüglich bedeutet nach der Legaldefinition „ohne schuldhaftes Zögern“. Dies bedingt einen objektivierbaren Begriff, der von den persönlichen Gegebenheiten des Unternehmens des Käufers abstrahiert. Eingegangene Ware muss daher so schnell wie dies objektiv möglich wäre, untersucht werden.
Selbstverständlich gibt es Unterschiede je nach Warengattung. Frische Ware, insbesondere Lebensmittel etc. müssen ungemein schneller untersucht werden als z.B. eine Maschine. Während man im ersten Fall sicher nicht mehr als 24 bis 48 Stunden zur Untersuchung gewähren wird, kann die Untersuchungsfrist in Einzelfällen auch mal ein bis zwei Wochen oder mehr betragen, wenn es sich um eine komplexe Maschine handelt.
377 HGB wird von den Gerichten streng ausgelegt. Der Einwand mangelnden Personals, kranker Mitarbeiter, der hohen Kosten einer unverzüglichen Untersuchung werden von den Gerichten regelmäßig nicht beachtet. Es handelt sich eben um eine Obliegenheit: Verzichtet der Käufer z.B. aus Wirtschaftlichkeitserwägungen, eine Wareneingangskontrolle durchzuführen, muss er diesen Vorteil im Gewährleistungsfall mit dem Nachteil des Verlustes von Gewährleistungsansprüchen bezahlen.
Die Untersuchung muss stichprobenhaft erfolgen, und zwar mit einer gewissen Untersuchungsdichte. Es reicht nicht aus, bei einer Sachgesamtheit nur einen Gegenstand zu untersuchen, z.B. die vorderste Lage Schinken in einem nicht abgeladenen Lkw. Es sollte z.B. mindestens jede Palette im Einzelnen untersucht werden.
Man muss dabei auch wissen, dass die Untersuchung auch unter Inkaufnahme der Vernichtung von Ware stattfinden muss: Kauft ein Malerunternehmen 1000 Eimer Farbe, so müssen hiervon einige geöffnet werden und es muss eine Probeverarbeitung stattfinden. Der Einwand, insbesondere bei Lebensmitteln, dass dann ein Teil der Ware nicht mehr verkehrsfähig ist, ist irrelevant.
Eine Grenze findet die Untersuchung in dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang. Der Käufer von Farbe hat diese nicht in einem Labor, also durch Rückgriff auf dritte Dienstleister, auf die chemische Zusammensetzung untersuchen zu lassen. Der Motor eines Lkw muss auch nicht demontiert werden.
Werden Mängel später erkannt, müssen diese unverzüglich gerügt werden. Auch hier gilt wieder ein objektiver Begriff des „as soon as possible“.
Der Mangel muss so genau bezeichnet werden, dass der Verkäufer sich ein möglichst genaues Bild über Art und Umfang des Mangels und die Möglichkeiten seiner Behebung machen kann. Mitteilungen der Art „die Ware ist schlecht“, „derartige Ware kann ich nicht gebrauchen“ reichen nicht aus. Ist die Ursache des Mangels nicht erkennbar, reicht eine genaue Beschreibung der Symptome.
Wie auch die Untersuchung der Ware, sollte die Rüge in geeigneter Weise dokumentiert werden. Es stellt sich in vielen Prozessen heraus, dass sich der Verkäufer an über die Mängel geführte unverzügliche Telefonate nicht mehr erinnern kann. Einer mündlich geführten Rüge sollte daher mindestens eine unverzügliche schriftliche Bestätigung folgen. Mitarbeiter des Unternehmens sollten Telefonate über Mängelrügen in einem Aktenvermerk festhalten.
Bei ordnungsgemäßer Untersuchung nicht entdeckte, weil nicht erkennbare versteckte Mängel führen nicht zum Verlust von Gewährleistungsansprüchen. Bei versteckten Mängeln, die sich erst später herausstellen, ist die Rüge aber sofort nach Entdecken der Mängel gegenüber dem Verkäufer auszusprechen.
Gemäß § 377 Abs. 4 HGB reicht die rechtzeitige Absendung der Anzeige. Das Übersendungsrisiko trägt der Käufer daher nicht.
Gemäß § 377 Abs. 4 HGB kann der Verkäufer, der arglistig gehandelt, d.h. in Kenntnis eines Mangels geliefert hat, sich auf § 377 Abs. 1 HGB nicht berufen. Der Nachweis dolosiven Handels ist jedoch im Einzelfall nur sehr schwer zu führen.
Die Untersuchungs- und Rügepflicht kann vertraglich gestaltet werden, jedoch nicht durch AGB vollständig abbedungen werden. Es empfiehlt sich jedoch, in AGB ggf. angemessene Ausschlussfristen zu vereinbaren oder einen Zeitraum zu definieren, innerhalb dessen der Käufer, wenn er die AGB stellt, die Möglichkeit hat, die Ware zu untersuchen. Die Betonung liegt allerdings bei den durch AGB vereinbarten Fristen auf „Angemessenheit“, da der wesentliche Kern des § 377 HGB nicht ausgehöhlt oder umgangen werden darf.
b) UN-Kaufrecht
Das UN-Kaufrecht kennt in Artikeln 38 und 39 CISG eine Untersuchungs- und Rügepflicht, die dem deutschen Recht entspricht.
Gemäß Artikel 38 Abs. 1 CISG hat der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben.
Dem internationalen Charakter geschuldet, präzisiert Artikel 38 Abs. 2 CISG, dass für den Fall, dass der Vertrag eine Beförderung der Ware erfordert, die Untersuchung bis nach dem Eintreffen der Ware am Bestimmungsort aufgeschoben werden kann. Allerdings gilt gemäß Artikel 38 Abs. 3 CISG bei Streckengeschäften: Ist der Käufer Wiederverkäufer und wird die Ware direkt an den Endkunden geliefert, so kann die Untersuchung bis zu diesem Zeitpunkt aufgeschoben werden, wenn dem Verkäufer dieser Umstand bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.
Gemäß Artikel 39 CISG verliert der Käufer das Recht, sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet.
Gemäß Artikel 39 Abs. 2 CISG gilt eine absolute Ausschlussfrist von zwei Jahren.
Der Verkäufer kann sich, wie im deutschen Recht, nicht auf Artikel 38 und 39 CISG berufen, so Artikel 40 CISG, wenn er die Vertragswidrigkeit kannte oder hierüber nicht in Unkenntnis sein konnte und sie dem Käufer nicht offenbart.
c) Das belgische Recht
Das belgische Recht kennt keine Obliegenheit zur unverzüglichen Untersuchung von Handelsware und die anschließende Rügepflicht.
Allerdings temperiert das belgische Recht die zehnjährige gesetzliche Verjährung durch Artikel 1648 Code Civil: Der Käufer muss im Falle der Kenntnis von einem Vertragsmangel innerhalb einer kurzen Frist (bref délai) gerichtliche Schritte einleiten, um seine Gewährleistungsrechte durchzusetzen. Diese angemessene Frist hängt wiederum von dem Kaufgegenstand ab, sollte allerdings zur Vorsicht zwei Monate nicht überschreiten. Zu beachten ist auch, dass die Vorschrift ausdrücklich vorsieht, dass Gewährleistungsansprüche durch ein gerichtliches Verfahren durchgesetzt werden müssen, eine Anzeige des Mangels an den Verkäufer reicht also nicht aus.
Anders als bei der Verjährung hemmen jedoch ernsthafte Verhandlungen den Lauf der angemessenen Frist.
2. Vorrang der Nacherfüllung
a) Deutsches Recht
437 BGB zählt die Rechte des Käufers auf, wenn die Voraussetzungen der Gewährleitungshaftung vorliegen. Der Käufer kann Nacherfüllung verlangen, von dem Vertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern und/oder Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei die Nacherfüllung.
439 Abs. 1 BGB definiert die Nacherfüllung. Nacherfüllung ist nach Wahl des Käufers die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache. Die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, muss der Verkäufer tragen.
Anders als der Wortlaut § 439 Abs. 2 BGB jedoch vermuten lässt, handelt es sich bei der Nacherfüllung nicht nur um ein Recht des Käufers, sondern auch um ein Recht des Verkäufers. Denn gemäß § 323 Abs. 1 BGB kann der Käufer von dem Vertrag nur zurücktreten, wenn er dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat.
Dies gilt dann auch für nachfolgende Schadensersatzansprüche in Form der Kosten der Beschaffung von Ersatzware oder Drittvornahme. § 323 BGB wird häufig übersehen. Oder der Käufer geht voreilig davon aus, dass die Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich ist. Dies ist nämlich nur dann der Fall, so § 323 Abs. 2 BGB, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss wesentlich ist (sogenanntes Fixgeschäft) oder im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
Viel zu schnell wird in der Praxis auf diese letztgenannte Alternative des § 323 Abs. 2 Ziffer 3 BGB rekurriert, der sogenannte Vertrauensverlust. Dabei muss man wissen, dass weder die Lieferung mangelhafter Ware noch das Fehlschlagen einer Mängelbeseitigung per se einen solchen Vertrauensverlust rechtfertigen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Vorschrift des § 440 Satz 2 BGB, wonach eine Nachbesserung erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt, wenn sich nicht aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
Vorsicht ist daher in diesem Fall geboten, weil eine fehlende, jedoch erforderliche Nachfristsetzung zur Nacherfüllung zum Verlust ganz wesentlicher Rechtsbehelfe, nämlich des Rücktritts und/oder des Schadensersatzes führen kann.
b) UN-Kaufrecht
Im Falle einer Vertragsverletzung wegen eines Sachmangels kann der Käufer gemäß Artikel 45 CISG die in Artikel 46 bis 52 und 74 bis 77 CISG aufgeführten Rechtsbehelfe ausüben.
Die Rechtsbehelfe sind, wie im deutschen Recht, Aufhebung des Vertrages (im deutschen Recht: Rücktritt), Schadensersatz oder Minderung.
Vor dem Schadensersatz steht, wie im deutschen Recht, Artikel 48 CISG: Dem Verkäufer ist die Möglichkeit der Nacherfüllung zu geben, es sei denn, dies ist im Einzelfall entbehrlich.
Gemäß Artikel 48 Abs. 2 CISG hat der Verkäufer das Recht, den Käufer aufzufordern, dass dieser dem Verkäufer mitteilt, ob er die Lieferung als Erfüllung annehmen will. Hier muss der Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist reagieren, so dass der Verkäufer innerhalb der in seiner Aufforderung angebotenen Frist erfüllen kann. Der Käufer kann vor Ablauf dieser Frist keinen Rechtsbehelf ausüben, der mit der Erfüllung durch den Verkäufer unvereinbar ist, d.h. Aufhebung des Vertrages und Schadensersatz bzw. Ersatzvornahme.
Hier gilt es dann für den Käufer, in Kenntnis dieser Vorschrift zu handeln und seinerseits eine ihm angemessene erscheinende Frist zur Nacherfüllung zu setzen, bevor er ggf. durch eine von dem Verkäufer gesetzte Frist in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt wird.
3. Verfristung des Rücktritts
Eine weitere, dem deutschen Recht unbekannte Frist enthält der Artikel 49 CISG:
Artikel 49 CISG betrifft die Aufhebung des Vertrages. Dies befreit den Käufer von seiner Gegenleistungspflicht, der Kaufpreiszahlung. Er wird dadurch in seiner Disposition frei, weil er von dem Geschäft Abstand nehmen bzw. ein Ersatzgeschäft vornehmen kann. Hinsichtlich dieses Ersatzgeschäfts kann er für die ihm dadurch entstehenden Mehrkosten, z.B. höherer Einkaufspreis für die Ersatzbeschaffung, Schadensersatz verlangen.
Der Verkäufer verliert jedoch dieses Recht, wenn er die Aufhebung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erklärt, nachdem er die Vertragsverletzung kannte oder kennen musste bzw. nachdem eine von ihm gesetzte Nachfrist abgelaufen ist.
Diese angemessene Frist liegt weit vor der Verjährungsfrist. Erklärt der Verkäufer daher nicht innerhalb dieser angemessenen Frist die Aufhebung des Vertrages, muss der die Ware behalten und kann lediglich die Minderung des Kaufpreises beanspruchen, ggf., sofern er den Rechtsbehelf ordnungsgemäß ausgeübt hat, den Verzögerungsschaden regulieren. Diese Vorschrift wird sehr häufig in der Praxis übersehen, da dem deutschen Recht fremd.
4. Verlust des Rechts zur Spezifikation der Kaufsache
Eine weitere Frist sei der Vollständigkeit halber genannt: Artikel 65 CISG betrifft den Fall, dass dem Käufer nach dem Vertrag obliegt, die Form, die Maße oder andere Merkmale der Ware näher zu bestimmen.
Nimmt der Käufer die Spezifizierung nicht zu dem vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb einer angemessenen Frist nach Eingang einer Aufforderung durch den Verkäufer vor, so hat der Verkäufer nach dem CISG unbeschadet aller ihm zustehenden sonstigen Rechte die Spezifizierungen nach den Bedürfnissen des Käufers, soweit ihm dieses bekannt sind, selbst vorzunehmen.
Der Verkäufer muss dies dem Käufer mitteilen und ihm eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer der Käufer eine abweichende Spezifizierung vornehmen kann. Macht der Käufer nach Eingang einer solchen Mitteilung von dieser Möglichkeit innerhalb der so gesetzten Frist keinen Gebrauch, so ist die vom Verkäufer vorgenommene Spezifizierung verbindlich.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator
Mängel und Gewährleistung
Standpunkte /von Guido ImfeldGewährleistungsansprüche bezeichnen die Ansprüche des Käufers, wenn die Sache nicht vertragskonform ist, d. h. mangelhaft.
1. Der Begriff des Sachmangels
Artikel 35 CISG fasst das Pflichtenregime des Verkäufers in sehr verständlicher Art und Weise zusammen:
„Der Verkäufer hat Ware zu liefern, die in Menge, Qualität und Art sowie hinsichtlich Verpackung oder Behältnis den Anforderungen des Vertrages entspricht.“
Andres ausgedrückt: Die Abweichung des Ist-Zustandes der gelieferten Sache vom Soll-Zustand der vertraglich vereinbarten Kaufsache zum Nachteil des Käufers ist ein Mangel. Das Pflichtenregime des Verkäufers wird daher maßgeblich durch den Vertrag bestimmt.
Häufig kommt es jedoch vor, dass die Parteien keine besonderen vertraglichen Vereinbarungen treffen. Dann entspricht die Ware dem Vertrag nur, so Artikel 35 CISG, a) wenn sie sich für die Zwecke eignet, für die Ware der gleichen Art gewöhnlich gebraucht wird; b) wenn sie sich für einen bestimmten Zweck eignet, der dem Verkäufer bei Vertragsabschluss ausdrücklich oder auf andere Weise zur Kenntnis gebracht wurde, sofern sich nicht aus den Umständen ergibt, dass der Käufer auf die Sachkenntnis und das Urteilsvermögen des Verkäufers nicht vertraute oder vernünftigerweise nicht vertrauen konnte; c) wenn sie die Eigenschaften einer Ware besitzt, die der Verkäufer dem Käufer als Probe oder Muster vorgelegt hat; d) wenn sie in der für Ware dieser Art üblichen Weise oder, falls es eine solche Weise nicht gibt, in einer für die Erhaltung und den Schutz der Ware angemessenen Weise verpackt ist.
§ 434 BGB, die deutsche Sachnorm, drückt es wie folgt aus:
„Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln
1) wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2) wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.“
Ergänzend stellt § 434 Abs. 3 BGB klar, dass zu der Beschaffenheit der Ware auch die Eigenschaften gehören, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen, insbesondere in der Werbung oder bei Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerungen nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.
Infolge dessen gehören auch werbliche Äußerungen, die der Verkäufer sich zurechnen lassen muss, zu dem Pflichtenregime. Beispielsweise sei genannt die Werbung eines Herstellers eines Pkw mit Verbrauchswerten, die das Autohaus als Vertragspartner des Käufers gegen sich gelten lassen muss.
Erwähnenswert ist ferner, dass gemäß § 434 Abs. 2 BGB ein Mangel vorliegt, wenn die Montageanleitung oder eine geschuldete Montage fehlerhaft ist.
Zuletzt wird gemäß § 434 Abs. 3 BGB die Lieferung einer anderen als der geschuldeten Sache oder einer zu geringen Menge als Sachmangel definiert.
Für unsere Zwecke kann man sagen, dass der Sachmangelbegriff des UN-Kaufrechts im Wesentlichen mit demjenigen des deutschen Rechts übereinstimmt, was deshalb nicht Wunder nimmt, weil das deutsche Recht bei der Schuldrechtsreform in 2002 sich an dem Sachmangelbegriff des UN-Kaufrechts orientierte.
Im belgischen Recht ist Artikel 1625 Code Civil einschlägig: Die gesetzliche Gewährleistung umfasst die störungsfreie Gebrauchsüberlassung im Sinne des Besitzes und der Nutzung der Sache; zweitens schuldet der Verkäufer Abwesenheit von versteckten Mängeln.
Artikel 1641 Code Civil präzisiert den Begriff des versteckten Mangels: Der Verkäufer haftet für versteckte Mängel der verkauften Sache, die diese unbrauchbar machen für den beabsichtigten Gebrauch oder die deren Brauchbarkeit derart mindern, dass der Käufer die Sache nicht gekauft hätte oder hierfür nur einen geringeren Preis bezahlt hätte, wenn er diesen Mangel gekannt hätte.
Das belgische Recht spricht bei der Gewährleistung nur von versteckten Mängeln. Artikel 1642 Code Civil bestimmt, dass der Verkäufer für offensichtliche Mängel, von denen der Käufer sich überzeugen konnte bzw. hätte überzeugen können, nicht haftet.
Infolge dessen ist bei Anwendbarkeit des belgischen nationalen Rechts höhere Aufmerksamkeit bei Spezieskauf, d. h. bei dem Kauf einer bestimmten Sache, sei sie neu oder gebraucht, gefordert als im deutschen Recht, wo gemäß § 442 BGB die Sachmängelhaftung nur dann ausgeschlossen ist, wenn dem Käufer ein Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages positiv bekannt war. Ist der Mangel dem Käufer infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, haftet der Verkäufer nur, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine (vertragliche) Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
Ein ähnliches Regime kennt Artikel 35 Abs. 3 CISG. Auch hier ist die Haftung für offensichtliche Mängel, die der Käufer bei Vertragsschluss kannte oder über die er nicht in Unkenntnis sein konnte, ausgeschlossen.
2. Verjährungsfristen
Das UN-Kaufrecht trifft keine Aussage zur Länge der Verjährung. Die Verjährungsfristen bestimmen sich daher nach dem subsidiär anwendbaren nationalen Recht, hier also dem deutschen oder belgischen Recht.
a) Deutsches Recht
Im deutschen Recht verjähren Gewährleistungsansprüche bei beweglichen Sachen gemäß § 438 Abs. 1 Ziffer 3 BGB in zwei Jahren beginnend mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB).
Im deutschen Recht kann die Verjährungsfrist sich jedoch aufgrund von § 478 BGB auch auf bis zu fünf Jahre erstrecken. Dies gilt dann, wenn der Käufer der Sache Wiederverkäufer ist und die Kaufsache an einen Verbraucher veräußert. Der Verbraucher seinerseits hat eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren ab Lieferung der Sache. Wird der Wiederverkäufer vom Verbraucher auf Gewährleistung in Anspruch genommen, kann der Wiederverkäufer seinen Vorlieferanten in Anspruch nehmen, wobei die Ansprüche des Vorlieferanten frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt, in dem der Wiederverkäufer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat, verjähren. Diese Verjährung endet spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt der Lieferung.
Eine Verkürzung oder ein Ausschluss der Gewährleistung sind im deutschen Recht im Bereich B2B individualvertraglich zulässig. Durch AGB darf die Verjährung bei Verträgen über Lieferung neu hergestellter Sachen gemäß § 309 Ziffer 8 lit. ff BGB) jedoch auf maximal ein Jahr verkürzt werden.
Im deutschen Recht gibt es daneben die sogenannte Verwirkung. Verwirkung bedeutet dabei, dass eine Partei gegenüber der anderen Partei zu erkennen gibt, dass sie die ihr zustehenden Rechte nicht oder nicht mehr geltend machen möchte und bei der anderen Partei dadurch ein Vertrauenstatbestand gesetzt wird. Möchte man z.B. Gewährleistungsrechte oder Schadensersatzansprüche nicht verlieren, ist darauf zu achten, bei der anderen Partei nicht den Anschein zu erwecken, als nehme man Abstand von der Ausübung seiner Rechte.
b) Belgisches Recht
Im belgischen Recht beträgt die Verjährung für Sachmängel bei dem Verkauf beweglicher Sachen gemäß Artikel 2262bis § 1er Code Civil zehn Jahre.
Anders als Deutschland ist Belgien jedoch dem UN-Übereinkommen vom 14 Juni 1974 über die Verjährung beim internationalen Warenkauf am 01.03.2009 beigetreten. In internationalen Handelsgeschäften, jedoch nicht notwendigerweise solchen, die dem UN-Kaufrecht unterliegen, beträgt die Verjährungsfrist vier Jahre ab Lieferung der Sache (Artikel 10 Abs. 2).
Das Rechtsinstitut der Verwirkung gibt es in Belgien nicht.
3. Die Hemmung und Unterbrechung von Verjährungsfristen
Verjährungsfristen können gehemmt und unterbrochen werden.
Hemmung bedeutet, dass Gewährleistungsansprüche sich um den Zeitlauf des Hemmungstatbestandes verlängern; Unterbrechung bedeutet, dass mit dem Unterbrechungstatbestand die Verjährungsfrist von neuem zu laufen beginnt.
a) Deutsches Recht
Im deutschen Recht wird die Verjährung gehemmt durch die Erhebung einer Klage oder die Zustellung eines Mahnbescheides, durch Streitverkündung, Aufrechnung im Prozess oder die Zustellung des Antrages auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens.
Die Wirkung dieser Hemmung endet gemäß § 204 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung eines eingeleiteten Verfahrens. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn das Verfahren, z.B. durch Ruhen oder Nichtbetreiben, ins Stocken gerät: Der Hemmungstatbestand endet bei nicht beendeten Verfahren sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung der Parteien. Daher kommt es vor, dass Gewährleistungsansprüche in einem laufenden Gerichtsverfahren verjähren können.
Ein weiterer, ganz maßgeblicher Hemmungsgrund ist in § 203 BGB genannt: Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende dieses Hemmungstatbestandes ein.
Eine Unterbrechung im Sinne von Neubeginn der Verjährung tritt im deutschen Recht gemäß § 212 Abs. 1 BGB ein, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.
Die Anerkennung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen, ausdrücklich z.B. durch formales Schreiben, wonach ein Gewährleistungsanspruch anerkannt wird. Stillschweigend jedoch, indem z.B. eine geforderte Nacherfüllung ohne Vorbehalt vorgenommen wird.
b) Belgisches Recht
Im belgischen Recht gibt es nur die Unterbrechung der Verjährung, entweder durch Klage oder Anerkenntnis. Die Verjährungsfrist beginnt daher in diesen Fällen neu zu laufen.
Die Verjährung wird gemäß Artikel 2244 Code Civil durch ein gerichtliches Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Verfahren unterbrochen. Artikel 2248 Code Civil kennt, wie das deutsche Recht, die Unterbrechung der Verjährung durch Anerkenntnis.
Ein maßgeblicher Unterschied zum deutschen Recht ist jedoch, dass Verhandlungen den Lauf der Verjährungsfrist nicht hemmen.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Verjährung im belgischen Recht zum Erlöschen der Forderung führt, während sie im deutschen Recht nur dann beachtet wird, wenn der Schuldner der Leistung sich auf diese im Wege einer Einrede beruft.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator
Wie kommt ein Vertrag zustande – und wie nicht?
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido ImfeldVerträge kommen durch Angebot und Annahme zu Stande. Der Grundsatz ist dabei, dass das Angebot so präzise sein und Kaufgegenstand und dessen Preis so präzise bezeichnen muss, dass das Angebot mit einem einfachen „Ja“ angenommen werden kann. Gegenstand des Kaufvertrages und Preis müssen daher zumindest eindeutig bestimmbar sein.
1. Deutsches Recht des BGB/HGB
Im deutschen BGB gilt gemäß § 146, dass ein Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 BGB rechtzeitig angenommen wird.
§ 147 BGB präzisiert Letzteres: Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Der einem Abwesenden gemachte Antrag – dies betrifft Fälle, in denen der Vertrag über Fernkommunikationsmittel geschlossen wird – kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.
Das Erlöschen des Angebots bedeutet, dass dieses wirkungslos wird. Man kann auch sagen, es verfällt und es kann schlichtweg nicht mehr angenommen werden.
Deshalb ist es in aller Regel sinnvoll, ob per AGB oder in dem Angebot, gemäß § 148 BGB eine Annahmefrist zu bestimmen. Dabei gilt gemäß § 150 BGB die verspätete Annahme eines Antrages als neuer Antrag. Die verspätete Annahme eines Angebots wird daraufhin wiederum zu einem Angebot, das von der anderen Partei angenommen werden kann, jedoch nicht muss.
Gleiches gilt, und dies ist der häufigere Fall, bei der sogenannten abändernden Annahme im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB. Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag. Eine Annahme des Angebots unter „Ja, aber …“, d.h. unter Änderung der Lieferbedingungen, vielleicht des Preises, jedenfalls aber durch Hinweis, nicht die AGB des Anbieters, sondern diejenigen des Annehmenden sollen Geltung haben, ist eine solche Abänderung. Auch hier greift wieder der vorstehend beschriebene Mechanismus: Die abändernde Abnahme gilt als Ablehnung des Angebotes und stellt gleichzeitig ein neues Angebot dar, das die andere Partei annehmen kann.
Deshalb ist bei Vertragsverhandlungen Vorsicht geboten: Denn entgegen dem, was viele Kaufleute glauben, gibt es keine sogenannten Schnittmengentheorie in der Weise, dass bei Zurückweisung der Abänderung dann das ursprüngliche Angebot wieder gilt. In dem Sinne z.B., dass bei einem Vorschlag, die Ware zu einem Preis von 50,00 Euro pro Tonne zu verkaufen und einem Gegenvorschlag des Kaufinteressenten, diese zu 48,00 Euro pro Tonne zu kaufen, nach Ablehnung des Gegenangebotes wieder das ursprüngliche Angebot auflebt und angenommen werden kann. Viele Geschäfte sind hieran schon gescheitert, nicht unbedingt am Preis, aber auch und insbesondere an der Frage der Einbeziehung von AGB.
2. Belgisches Recht (Code Civil)
Auch im belgischen Recht gilt, dass der Vertrag durch Annahme und Angebot zu Stande gekommen ist, wobei gemäß Artikel 1129 Code Civil der Vertragsgegenstand zumindest seiner Gattung nach bestimmbar sein muss. Gleiches gilt für den Preis.
Der Mechanismus ist identisch wie im deutschen Recht: Eine Annahme unter Änderungen stellt die Ablehnung des ursprünglichen Angebotes und ein Gegenangebot dar.
3. UN-Kaufrecht (CISG)
Im UN-Kaufrecht gilt grundsätzlich derselbe Mechanismus. Es muss dem Adressaten ein Angebot zugehen, das bestimmt sein muss. Ein Vorschlag ist bestimmt genug, wenn er die Ware bezeichnet und ausdrücklich oder stillschweigend die Menge und den Preis festsetzt oder deren Festsetzung ermöglicht.
Gemäß Artikel 17 CISG erlischt das Angebot, sobald dem Anbietenden eine Ablehnung zugeht, selbst wenn das Angebot unwiderruflich ist.
Eine Annahme außerhalb einer vereinbarten, gesetzten oder anderweitig bestimmbaren angemessenen Frist ist ebenfalls eine Ablehnung.
Gemäß Artikel 19 CISG ist eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält, eine Ablehnung des Angebots und stellt ein Gegenangebot dar.
Jedoch gibt es hier eine nicht unwesentliche Ausnahme: Eine Antwort auf ein Angebot, die eine Annahme darstellen soll, aber Ergänzungen oder Abweichungen enthält, welche die Bedingungen des Angebots nicht wesentlich ändern, stellt eine Annahme dar, wenn der Anbietende das Fehlen der Übereinstimmung nicht unverzüglich mündlich beanstandet oder eine entsprechende Mitteilung absendet.
Unterlässt er dies, so bilden die Bedingungen des Angebots mit den in der Annahme enthaltenen Änderungen den Vertragsinhalt.
Was eine unwesentliche Vertragsänderung darstellt, präzisiert Artikel 19 Abs. 3 CISG: Ergänzungen oder Abweichungen, die sich insbesondere auf Preis, Bezahlung, Qualität und Menge der Ware, auf Ort und Zeit der Lieferung, auf den Umfang der Haftung der einen Partei gegenüber der anderen oder auf die Belegung von Streitigkeiten beziehen, werden so angesehen, als änderten sie die Bedingungen des Angebots wesentlich.
Ansonsten kommt ein Vertrag zu Stande, wenn davon auszugehen ist, dass ein vernünftiger Kaufmann den Vertrag auch nach Maßgabe der Änderung geschlossen hätte. Im deutschen Recht ist es umgekehrt: Im Zweifel gilt der Vertrag als nicht geschlossen.
Häufiger kommen Verträge zu Stande, in denen zwar Angebot und Annahme voneinander abweichen, in denen aber die Gegenleistung erbracht wurde, d.h. es wurde entweder geliefert oder bezahlt, nachdem ein Dissens auftrat.
In dem Falle der abändernden Annahme eines Angebotes des Verkäufers durch den Käufer – das dann ein Gegenangebot darstellt – akzeptiert der Verkäufer die Änderung, indem er z.B. die Lieferung ausführt oder den Käufer bezahlt. Denn dies ist eine stillschweigende Annahme des Gegenangebotes. Auch hier gilt Aufmerksamkeit im Vertragsmanagement.
4. Exkurs: Schweigen im Rechtsverkehr
Verträge können aber auch zu Stande kommen, wenn eine gesetzliche Erklärungspflicht besteht, oder anders ausgedrückt: Wenn Schweigen im Rechtsverkehr Bedeutung hat und der hiervon Betroffene nicht reagiert.
Schweigen im Rechtsverkehr hat grundsätzlich keine Bedeutung. Artikel 18 Abs. 2 CISG stellt dies ausdrücklich fest: Schweigen oder Untätigkeit alleine stellen keine Annahme dar.
Es gibt jedoch hiervon Ausnahmen. Die erste ist bereits im CISG angelegt: In dem Fall, in dem die Annahme eine unwesentliche Vertragsänderung enthält, muss der Anbietende unverzüglich hierauf reagieren und dem widersprechen, will er den Vertragsschluss verhindern (Artikel 19 CISG).
Im deutschen Recht gibt es das sogenannte kaufmännische Bestätigungsschreiben: Unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 362 HGB muss der Kaufmann, der ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben enthält, dessen Inhalt unverzüglich widersprechen, will er vermeiden, dass der Vertrag mit diesem Inhalt zu Stande kommt. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist anwendbar bei allen (fern-) mündlich geschlossenen Verträgen, die sodann von einer der Parteien schriftlich zur Dokumentationszwecken bestätigt werden.
Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben kann das kaufmännische Bestätigungsschreiben daher nur einen bereits mündlich geschlossenen Vertrag bestätigen, nicht aber die Annahme ersetzen. Die häufige Praxis, ein Angebot mit einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben anzunehmen, entspricht nicht dem Grundgedanken des kaufmännischen Bestätigungsschreibens. In diesem Fall ist das kaufmännische Bestätigungsschreiben lediglich eine schriftliche Annahme, ggf. ein Gegenangebot.
Das kaufmännische Bestätigungsschreiben entfaltet dann allerdings keine Wirksamkeit, wenn es dolos genutzt wird, wenn also dem Absendenden klar sein musste, dass der Vertragspartner mit einer Änderung, die in seinem Schreiben enthalten ist, nicht einverstanden sein konnte. Grundsätzlich gilt aber in jedem Fall bei Empfang eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens, ob also solches überschrieben oder nicht, erhöhte Aufmerksamkeit.
Im belgischen Recht gibt es den Rechtsgedanken des Artikel 25 Code de Commerce, der noch weiter geht: Hier muss jedweder Erklärung, mit der man nicht einverstanden ist, widersprochen werden. Das geht sogar so weit, dass die Übersendung einer Rechnung unter Hinweis auf nicht abgesprochene Vertragsbedingungen, z.B. AGB einschließlich Gerichtsstandvereinbarungen widersprochen werden muss. Häufig wird dieser Rechtsgedanken sogar bei dem Erhalt unrichtiger Rechnungen angewandt und das Schweigen als Anerkenntnis gedeutet.
Man sollte daher bei belgischen (oder französischen) Absendern solche Schreiben nicht unkommentiert lassen. Denn ist belgisches nationales Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts anwendbar, kann sogar der Erhalt einer Rechnung oder eine Vertragsbestätigung, die unrichtig sind, einen rechtlichen Anspruch des Absenders dieses Bestätigungsschreibens begründen. Vorsicht ist allerdings selbst dann geboten, wenn deutsches oder UN-Kaufrecht anwendbar ist: Denn die Gerichtspraxis vieler belgischer Gerichte ist, den Rechtsgedanken des Artikel 25 Code de Commerce anzuwenden, obwohl dessen Anwendungsbereich bei Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts oder bei einer Rechtswahl zu Gunsten des deutschen Rechts gar nicht eröffnet ist.
Der Artikel 25 Code de Commerce ist eine der größten Fallen im deutsch-belgischen Rechtsverkehr, weil viele Instanzgerichte trotz eindeutiger Rechtslage nach UN-Kaufrecht contra legem zu Gunsten und nach Maßgabe des belgischen Rechts entscheiden.
5. The last shot
Im Hinblick auf die Einbeziehung von AGB ist bei Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts zu beachten, dass wohl die mehrheitliche Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon ausgehen, dass im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts die sogenannte last-shot-Theorie gilt. Im deutschen und im belgischen unvereinheitlichten Recht gilt bei wechselseitiger Bezugnahme auf sich widersprechende AGB-Klauseln, dass diese sich gegenseitig annullieren und die ohne AGB zur Anwendung berufene gesetzliche Regelung an deren Stelle tritt.
Im UN-Kaufrecht gilt hingegen sehr häufig, dass derjenige, der den „letzten Schuss“ abgefeuert hat (deshalb last-shot) gewinnt. Das ist meistens derjenige, der noch kurz vor Lieferung auf seine AGB hingewiesen hat, während die andere Partei die Lieferung ohne erneuten Widerspruch entgegennimmt.
Interessant ist die Frage, welches Recht anwendbar ist in dem Fall, dass ein Vertrag nach dem Vorstehenden nicht zu Stande kommt. Kommt ein Vertrag nicht zu Stande, gilt grundsätzlich nach der Rom-I-VO das Recht, das im Falle des Zustandekommens auf den Vertrag anwendbar gewesen wäre. Da z.B. aber eine Rechtswahlklausel mangels Vertragsschlusses nicht wirksam zwischen den Parteien zu Stande gekommen ist, dürfte in aller Regel im internationalen Handelsgeschäft die Frage nach dem Zustandekommen des Vertrages und dessen Wirkung nach dem UN-Kaufrecht zu entscheiden sein.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator
Anwendbares Recht und Gerichtsstand beim internationalen Kaufvertrag
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido Imfeld1. Gegenstand der Darstellung
Aufgrund der Globalisierung, der fortschreitenden digitalen Vernetzung der Produktion der Rechtsharmonisierung in der Europäischen Union und nicht zuletzt durch das Internet sind internationale Kaufverträge, ob mit Konsumenten oder im Bereich B2B, alltäglich geworden.
In unsere Beratungs-, aber auch insbesondere Prozesspraxis stellen wir allerdings häufig fest, dass dieser Umstand in Unternehmen und deren Vertragsmanagement häufig nicht systematisch angegangen oder in Verkennung des anwendbaren (europäischen und internationalen) Rechts sowie der in Frage kommenden Rechtsordnungen gehandelt wird.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit internationalen Kaufverträgen im Bereich B2B unter Berücksichtigung des deutschen und des belgischen Rechts.
Maßgeblich beschäftigt sich dieser Beitrag mit dem, was zwischen der Entstehung eines Gewährleistungsanspruches und dessen Verfristung, noch vor der Verjährung geschehen kann, anders gesagt: Wie schnell man, obwohl die Verjährungsfrist noch gar nicht abgelaufen ist, feststellen muss, dass man sichergeglaubte Gewährleistungsansprüche bereits verloren hat oder nicht mehr durchsetzen kann.
2. Die Ermittlung des anwendbaren Rechts in internationalen Verträgen
Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug verdrängen europäische Verordnungen nationales Recht. Das sogenannte Internationale Privatrecht der einzelnen Staaten ist in der EU durch die Rom-I- und Rom-II-Verordnungen vollständig verdrängt worden.
Das Internationale Privatrecht bezeichnet dabei die Rechtsinstitute, die es erlauben, bei Fällen, die Bezug zu zwei oder mehr Rechtsordnungen haben, das auf den konkreten Sachverhalt anwendbare Recht zu bestimmen.
Die sogenannte Rom-I-Verordnung bezieht sich auf vertragliche Ansprüche, während die Rom-II-Verordnung sich auf außervertragliche Rechtsverhältnisse, also Deliktsrecht bezieht. Letzteres ist hier nicht Gegenstand der Darstellung.
Die Rom-I-Verordnung (mit vollem Titel: Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 17 Juni 2008) kennt zunächst den Grundsatz der freien Rechtswahl gemäß Artikel 3 der Verordnung. Gemäß Artikel 3 Abs. 1 Satz 1 unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Grundsätzlich besteht daher Vertragsfreiheit, die jedoch zwei Ausnahmen kennt.
Die erste Ausnahme, die hier nicht weiter von Interesse ist, ist diejenige, dass durch eine Rechtwahl bei B2C-Geschäften dem Konsumenten nicht der Schutz entzogen werden kann, der ihm bei Verbraucherverträgen nach seinem Heimatrecht gewährt würde. Die zweite Ausnahme ist diejenige, dass die Rechtswahl nicht willkürlich sein darf, d.h., es müssen zumindest nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Wahl einer Rechtsordnung vorliegen. Sind z.B., so der Wortlaut des Artikel 3 Abs. 3, alle anderen Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt der Rechtswahl in einem anderen als demjenigen Staat belegen, dessen Recht gewählt wurde, berührt die Rechtswahl nicht die Anwendung derjenigen Bestimmung des Rechts dieses anderen Staates, die zwingend sind, d.h., von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.
Treffen die Parteien keine Rechtswahl, ergibt sich das anzuwendende Recht aus Artikel 4 der Rom-I-Verordnung. Gemäß Artikel 4 Abs. 1 lit. a) ist das bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen anzuwendende Recht das Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der gewöhnliche Aufenthalt ist entweder der persönliche Aufenthalt der natürlichen Person oder, gemäß Artikel 19 Abs. 1 der Verordnung, der Sitz von juristischen Personen im Sinne im Sinne ihrer Hauptverwaltung. Eine Ausnahme hiervon besteht wiederum dann, wenn eine Filiale oder Niederlassung handelt. Dann gilt im Zweifel das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass gemäß Artikel 4 Abs. 1 lit. b) bei Dienstverträgen (dies bedeutet nach europäischen Diktion „Dienstverträge einschließlich von Werkverträgen“) das Recht des Staates Anwendung findet, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Häufig werden in längerfristig angelegten vertraglichen Beziehungen Rahmenverträge verwendet, insbesondere im Falle von Vertriebsverträgen. Vertriebsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Vertriebsmittler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist insbesondere bei Vertragshändler- und Franchiseverträgen von Bedeutung.
Zu unterscheiden ist jedoch dann der Rahmenvertrag und der im Einzelnen innerhalb des Rahmenvertrages abgeschlossenen Kaufvertrag. Der Lieferant des Vertragshändlers ist bei Abschluss eines Liefervertrages dann Verkäufer, so dass bezogen auf den Kaufvertrag das Recht des Lieferanten gilt.
Sinnvoll wäre nach unserer Auffassung, die Verträge einheitlich zu gestalten und Rahmen- und Einzelkaufvertrag einer einheitlichen Rechtsordnung zu unterstellen.
Gemäß Artikel 12 der Rom-I-VO ist das nach Maßgabe einer Rechtswahl gemäß Artikel 3 oder des gemäß Artikel 4 anwendbaren Rechts, maßgebend für
- die Auslegung eines Vertrages,
- die Erfüllung der durch ihn begründeten Verpflichtungen,
- die Folgen der vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung dieser Verpflichtungen, einschließlich der Schadensbemessung,
- die verschiedenen Arten des Erlöschens der Verpflichtungen,
- die Verjährung und die Rechtsverluste, die sich aus dem Ablauf einer Frist ergeben,
- die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages.
3. Unvereinheitlichtes und vereinheitlichtes Kaufrecht
Diese juristischen Begriffe sind den meisten Kaufleuten unbekannt. Unvereinheitlichtes Recht bedeutet nationales Recht, also hier deutsches Recht des BGB und HGB, belgisches Recht des Code Civil und des Code de Commerce.
Es gibt hingegen das sogenannte vereinheitlichte Kaufrecht. Dieses bezeichnet das Wiener-UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (United Nations Convention on contracts for the International Sale of Goods – CISG).
Dieses internationale Kaufrecht ist mittlerweile von 83 Vertragsstaaten ratifiziert worden. In Europa gehören hierzu alle Länder der EU mit Ausnahme von England, Portugal und Malta. Außerhalb der EU sind als maßgebliche Signatarstaaten z.B. die Vereinigten Staaten, China, Kanada, die Russische Föderation und die Schweiz zu nennen. Deutschland hat das UN-Kaufrecht im Jahre 1990 ratifiziert, Belgien im Jahre 1991.
Das UN-Kaufrecht ist auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind oder wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaats führen.
Dies bedeutet, dass vorbehaltlich einer anderweitigen vertraglichen Vereinbarung sämtliche Exportverträge der Bundesrepublik Deutschland dem UN-Kaufrecht unterliegen! Angesichts der Vielzahl der Signatarstaaten ist auch davon auszugehen, dass ca. 80 % der Importe Deutschland dem UN-Kaufrecht unterfallen. Von den 20 wichtigsten Handelspartnern Deutschland haben 19 das UN-Kaufrecht ratifiziert.
Im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts ist das UN-Kaufrecht als vereinheitlichtes internationales Recht auch ohne ausdrückliche Rechtswahl anwendbar, da nämlich jeweils Bestandteil des nationalen Rechts. Da das UN-Kaufrecht Bestandteil des nationalen Rechts ist, führt die Vereinbarung deutschen oder belgischen Rechts, entgegen der Erwartung der meisten Kaufleute, daher nicht zu dem erstrebten Ziel der Anwendbarkeit des vertrauten nationalen Rechts, sondern geradewegs zum UN-Kaufrecht. Möchte man dies vermeiden, muss man, ausdrücklich oder stillschweigend, das UN-Kaufrecht ausschließen (vgl. Artikel 6 CISG). Der ausdrückliche Ausschluss befindet sich in vielen, richtig gemachten AGB in der Weise, dass bestimmt wird: „Dieser Vertrag unterliegt dem materiellen deutschen Recht des BGB und HGB. Die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts wird ausgeschlossen.“
Ein stillschweigender Ausschluss kann dann vorliegen, wenn z.B. zwar auf das deutsche Recht rekurriert wird, jedoch im Vertrag auf einzelne Bestimmung z.B. des unvereinheitlichten deutschen Gewährleistungsrechts Bezug genommen wird. Eine klare Festlegung ist jedoch im Falle von Streitigkeiten von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
Es ist in der Literatur umstritten, ob der Vorrang der Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts auf dem Vorrang des internationalen Völkerrechts vor dem EU-Recht basiert (so Artikel 25 der Rom I-Verordnung) oder das UN-Kaufrecht über Artikel 1 CISG gemäß den Regeln des Internationalen Privatrechts zur Anwendung kommt. Diese Frage ist jedoch eher von akademischem Interesse.
Die Anknüpfung über die Rom-I-Verordnung erlaubt jedoch, das Recht gemäß Artikel 3 oder 4 der Rom-I-Verordnung zu bestimmen, das für die Bereiche (subsidiär) Anwendung findet, die das UN-Kaufrecht nicht regelt. Diese Bereiche sind Geschäftsfähigkeit, Stellvertretung, Aufrechnung, Inhaltskontrolle von AGB und Übergang des Eigentums sowie Verjährung.
4. Ausschluss des UN-Kaufrechts?
Sollte man das UN-Kaufrecht ausschließen?
In den meisten Verträgen, auch großer Unternehmen, findet sich ein Ausschluss des UN-Kaufrechts. Häufig erfolgt der Ausschluss unreflektiert. Man kann jedoch grob, da nicht eigentliches Thema dieser Darstellung, sagen, dass das UN-Kaufrecht durch Übernahme der im Common Law vorherrschenden verschuldensunabhängigen Haftung für Mängel der Kaufsache eher käuferfreundlich ist. Der Unterschied wird bedeutsam bei der Frage des Schadensersatzes. Schadensersatzansprüche aufgrund von Mängeln, insbesondere für Folgeschäden setzt im deutschen Recht Verschulden voraus. Dies wirkt sich insbesondere bei Zwischenhändlerverträgen aus, wenn von einem Vorlieferanten erworbene Ware mangelhaft ist, dies aber im Rahmen der Untersuchungs- und Rügepflicht von Käufer und Wiederverkäufer nicht erkannt werden konnte. Die Weiterlieferung eines insoweit nicht zu vertretenden Mangels begründet daher keine Schadensersatzverpflichtung des Wiederverkäufers.
Gleiches gilt im belgischen Code Civil, wonach grundsätzlich die Haftung des Verkäufers auf Nacherfüllung, Minderung oder Rückzahlung des Kaufpreises geht, jedoch nicht darüber hinaus, falls mögliche Folgeschäden den Vertragswert übersteigen (Artikel 1644 Code Civil). Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn es sich bei dem Verkäufer um einen Spezialisten handelt, d.h., jemand, der einen Wissensvorsprung vor dem Käufer hat. In diesem Fall wird im belgischen Recht widerlegbar (im französischen Recht sogar unwiderlegbar) vermutet, dass der Verkäufer einer mangelhaften Sache bei Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von diesem Mangel hatte und sich insoweit auf Schadensersatz haftet, sich insbesondere nicht auf eine vereinbarte Haftungsbegrenzungen oder –ausschlüsse berufen kann (Artikel 1645 Code Civil).
Dies muss man wissen, wenn man sich in Unkenntnis des UN-Kaufrechts in Verträgen auf belgisches (oder französisches) unvereinheitlichtes Recht einlässt. Denn anders als im deutschen Recht, wo sich die Problematik der Haftungsbeschränkung im Bereich des AGB-Rechts stellt, das dann keine Anwendung findet, wenn es sich um einen sogenannten Individualvertrag handelt, ist es aufgrund des Vorstehenden im Anwendungsbereich des Code Civil schlichtweg fast unmöglich, wirksame Haftungsbeschränkungen zu vereinbaren. Da sich der ausländische Vertragspartner häufig nicht auf deutsches Recht einlässt (mit Ausnahme von Fallgestaltungen, in denen der deutsche Vertragspartner eindeutig marktstärker ist), kann in den Verhandlungen nur der Hinweis auf das beiden Rechtsordnungen innewohnende UN-Kaufrecht zur Lösung beitragen.
Aber: Das UN-Kaufrecht ist dispositiv und nichts hindert die Vertragsparteien daran, die verschuldensunabhängige Garantiehaftung im Hinblick auf Folgeschäden, insbesondere Schadensersatz für Produktionsausfall und entgangenen Gewinn auszuschließen, einzuschränken oder dem Vorbehalt des Verschuldens zu unterstellen. Vorsicht aber, wenn aufgrund einer Rechtwahl oder aufgrund von Artikel 4 Rom-I-Verordnung subsidiär deutsches Recht Anwendung findet. Dann gilt nämlich das im UN-Kaufrecht nicht geregelte deutsche AGB-Recht, das Haftungsbeschränkungen und –ausschlüsse nur eingeschränkt zulässt. Ob es für eine Exportnation sinnvoll ist, ausländische Vertragspartner, die in aller Regel, insbesondere im Bereich des Common Law, Vertragsfreiheit haben, vor deutschen Lieferanten auf diese Weise zu schützen, steht auf einem anderen Blatt und ist ein weites Feld.
Aber auch auf Käuferseite ist ein Nachteil zu benennen. Das UN-Kaufrecht ist genuin internationales Recht. Im internationalen Recht besteht ein Vorrang vor Vertragsdurchführung vor Vertragsrückabwicklung, um kostspielige Rücktransporte zu vermeiden. Deshalb erlaubt das UN-Kaufrecht den Rücktritt vom Kaufvertrag nur bei wesentlichen Vertragsmängeln, während das deutsche Recht bereits nicht unerhebliche Mängel zum Anlass nimmt, das Recht zur Rückabwicklung des Vertrages zu gewähren, wenn die Nacherfüllung scheitert oder verweigert wird. Aber auch dies kann vertraglich gestaltet werden.
Der Vorteil des UN-Kaufrechts liegt aber ganz klar in dessen fast universeller Anwendbarkeit. Selbst Gerichte der Länder, die nicht Signatarstaaten sind, wie z.B. England, kennen sich bestens mit dem UN-Kaufrecht aus, weil es eben häufig zur Anwendung kommt. Bevor man daher die Schwierigkeit unternimmt, einem Richter in Lüttich oder Antwerpen die Grundzüge des deutschen Rechts zu erklären und der Mandant bei jedem Zitat einer deutschen Gesetzesstelle oder eines Urteils des BGH horrende Übersetzungskosten zu gewärtigen hat, können Ansprüche aus Kaufverträgen, die dem UN-Kaufrecht unterliegen, in aller Regel problemlos vor den meisten Gerichten plädiert werden. Die Rechtsdurchsetzung wird damit ganz erheblich vereinfacht. Denn es ist nicht immer gewährleistet, dass das anwendbare Recht und der Gerichtsstand zusammenfallen.
5. Gerichtsstände
Während sich das anwendbare Recht aus der Rom I-Verordnung ergibt, werden in Europa die Gerichtsstände aus der Brüssel-I-Verordnung entwickelt. Dies war bis zum 15. Januar die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000, nunmehr seit dem 15. Januar 2015 abgelöst durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidung in Zivil- und Handelssachen.
Gemäß Artikel 1 Abs. 1 Brüssel I-VO ist die Verordnung in Zivil- und Handelssachen anzuwenden. Sie ist nicht auf Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren, also auch das deutsche Insolvenzverfahren, und die Schiedsgerichtsbarkeit anzuwenden.
Gemäß Artikel 4 Brüssel I-VO ist zumindest der allgemeine Gerichtsstand einer Partei, d.h., das international, örtlich und funktional zuständige Gericht am Sitz der beklagten Partei, für Rechtsstreitigkeiten zuständig.
Alternativ besteht die Möglichkeit, auf besondere Zuständigkeiten zu rekurrieren. Gemäß Artikel 7 Abs. 1 lit. b) 1. Spiegelstrich Brüssel I-Verordnung ist dies bei dem Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedsstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen; bei der Erbringung von Dienstleistungen ist es der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Artikel 7 bezeichnet damit den sogenannten Gerichtsstand des Erfüllungsortes und es wird an dieser Stelle vielleicht deutlich, wie wichtig es sein kann, den Lieferort strategisch richtig zu bestimmen.
Im internationalen Rechtsverkehr sollte man sich daher durch aus mit den Incoterms vertraut machen, um im Zweifel an dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes vorgehen zu können, falls der allgemeine Gerichtsstand der beklagten Partei die Rechtsdurchsetzung erschweren würde.
Denn, und dies mag vielleicht eine Überraschung sein, es ist nicht so einfach, im internationalen Rechtsverkehr einen Gerichtsstand wirksam zu vereinbaren.
Dies rührt daher, dass gemäß Artikel 25 Brüssel I-Verordnung Vereinbarungen über die Zuständigkeit, die sogenannte Prorogation, schriftlich erfolgen müssen. Eine Gerichtsstandvereinbarung muss entweder schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung geschlossen werden.
Schriftlich oder mit schriftlicher Bestätigung heißt letztlich, dass die von der Gerichtsstandvereinbarung betroffene Partei, d.h. zu deren Nachteil von ihrem allgemeinen Gerichtsstand abgewichen wird, ihre Unterschrift oder Gegenbestätigung auf ein Dokument gesetzt haben muss, das ausdrücklich auf die Gerichtsstandvereinbarung verweist.
AGB werden jedoch in aller Regel nicht gegengezeichnet. Im internationalen Handel reichen weder der Hinweis auf anwendbare AGB noch die Möglichkeit, diese mit zumutbaren Mitteln abzurufen, – anders als im nationalen deutschen, belgischen oder französischen Recht –, um diese in den Vertrag einzubeziehen. Die AGB müssen vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages nachweislich beigefügt werden. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass die AGB dann entweder in der Landessprache des Adressaten oder besser in der gewählten Korrespondenz -, d.h. der gewählten Vertragssprache abgefasst sein müssen. Gerade in Ländern wie Luxemburg, Belgien oder der Schweiz ist es manchmal schwierig, die in Frage kommende Landessprache zu identifizieren, die am Ort des Sitzes der anderen Vertragspartei gesprochen wird. Und es ist erstaunlich, wie schnell ein Vertragspartner Sprachkenntnisse vergessen kann, wenn es in einem Prozess auf die Kenntnis der streitigen AGB-Klausel ankommt.
Man muss daher von dem weit verbreiteten Irrglauben Abstand nehmen, im internationalen Wirtschaftsrecht durch Hinweis auf AGB oder durch Beifügung von AGB, ohne diese gegenzeichnen zu lassen, einen Gerichtsstand zu seinen Gunsten vereinbaren zu können.
Bezogen auf das deutsche-belgische Geschäft bedeutet dies, dass für den Fall der Lieferung einer Kaufsache nach Lüttich das UN-Kaufrecht, subsidiär das deutsche Recht Anwendung findet, jedoch sowohl der allgemeine Gerichtsstand des Käufers gemäß Artikel 4 wie auch der Gerichtsstand des Erfüllungsorts (Lieferort) gemäß Artikel 7 Brüssel-I-Verordnung zur Zuständigkeit des Handelsgerichts Lüttich (Tribunal de Commerce de Liège) verweisen. Dies kann die Rechtsdurchsetzung im Einzelfall ungemein erschweren.
Daher sollte in diesem Punkt auf das Vertragsmanagement aller größter Wert gelegt werden.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator
Gründung einer GmbH in Belgien
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido ImfeldWir möchten Ihnen mit diesem Artikel einen kurzen Überblick über die Schritte geben, die notwendig sind, um eine GmbH in Belgien zu gründen.
Die GmbH in Belgien wird als Personengesellschaft mit beschränkter Haftung bezeichnet, d.h. auf Deutsch „PGmbH“, auf Französisch „SPRL“ bzw. „Société personnelle à responsabilité limitée“ und auf Niederländisch „BVBA“ bzw. „besloten vennootschap met beperkte aansprakelijheit“.
Die GmbH kann einen oder mehrere Gesellschafter haben. Das Mindestkapital beträgt 18.550,00 Euro und ist bei einer Ein-Mann-GmbH vollständig zu befreien, bei einer Mehr-Gesellschafter-GmbH in Höhe von 6.200,00 Euro. Unter bestimmten Voraussetzungen darf das Mindestkapital in den ersten fünf Jahren nach Gründung zwischen 1,00 Euro und 18.549,00 Euro betragen.
Bei einer Ein-Mann-GmbH besteht allerdings eine Haftung des Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, weswegen häufig eine Zwei-Personen-Gesellschaft gewählt wird, bei der eine zweite Person mindestens einen Geschäftsanteil hält.
Die Errichtung einer GmbH nach belgischem Recht ist formbedürftig. Es bedarf eines notariellen Gründungsaktes.
Hierzu sind folgende Unterlagen beizubringen:
- 1. Satzung
Diese wird in aller Regel vom Notar vorgefertigt, kann aber auch von den Parteien beigebracht werden - 2. Bankbescheinigung
Hierbei handelt es sich um eine Bescheinigung der Bank, dass das Stammkapital in der gesetzlich geforderten Mindesthöhe befreit und auf das Konto der Gesellschaft eingezahlt werden. Hierzu ist die vorherige Eröffnung eines Kontos in Belgien notwendig, wobei zu empfehlen ist, diesen Schritt ca. zwei Wochen vor der geplanten notariellen Beurkundung der Gründung der Gesellschaft zu vollziehen, weil die Banken vor Ausstellung der Bankbescheinigung die wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren haben. - 3. Kopien der Identitätspapiere der Gesellschafter bzw. Handelsregisterauszüge und Statuten, wenn Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind.
- 4. Business-Plan
Im belgischen Recht ist der Business-Plan notwendige Voraussetzung zur Gründung einer GmbH. Anders als im deutschen Recht besteht im belgischen Recht eine Durchgriffshaftung gegenüber den Gründern einer GmbH, wenn die GmbH innerhalb der ersten drei Jahre insolvent wird und dies darauf zurückzuführen ist, dass die Gesellschaft erkennbar nicht mit ausreichenden Finanzmitteln für ihren Geschäftsgegenstand ausgestattet war. Dieses wird anhand des Business-Plans überprüft, weswegen auf diesen eine gesteigerte Aufmerksamkeit zu verwenden ist. In aller Regel bedient man sich zur Erstellung dieses Business-Plans eines belgischen Steuerberaters.
Sind diese Unterlagen vorhanden, kann die Gesellschaft vor dem zuständigen Notar gegründet werden.
Sind diese Unterlagen vorhanden, kann die Gesellschaft vor dem zuständigen Notar gegründet werden.
Bei der Gründung wird eine erste Gesellschafterversammlung abgehalten, in der der/die Geschäftsführer(er) bestimmt wird/werden. Der Geschäftsführer muss in der Lage sein, sein Amt als Geschäftsführer auszuführen, wofür er allgemein betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse nachweisen muss. Dies kann durch Schulabschluss bzw. universitäre Ausbildung oder andere geeignete Mittel nachgewiesen werden.
Die Gründungsurkunde wird von dem Notar zum Handelsgericht verfügt und im belgischen Staatsblatt (Moniteur Belge) veröffentlicht. Gleichzeitig erhält die Unternehmung eine Unternehmensnummer, mit der sie im Unternehmensschalter angemeldet wird.
Der Geschäftsführer wird in Belgien sozialversicherungspflichtig, wobei sich die Höhe der Zahlungen entweder nach seinem Gehalt richtet oder, wird er unentgeltlich tätig, ein quartalsmäßig zu entrichtenden Mindestbetrag von ca. 500,00 Euro zu zahlen ist. Unterhalb der Ebene der Geschäftsführung kann eine Person mit der täglichen Geschäftsführung beauftragt werden.
In aller Regel wird die Gesellschaft mehrwertsteuerpflichtig sein. Sie hat hierfür einen Geschäftssitz nachzuweisen. Die Mehrwertsteuernummer ist, wenn sie erteilt wird, identisch mit der Unternehmensnummer.
Die Anmeldung beim Unternehmensregister, einem Sozialversicherungsträger und dem Mehrwertsteueramt übernimmt in aller Regel der Steuerberater.
Die Veröffentlichung der Statuten und Eintragung im Handelsregister nimmt ungefähr einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen in Anspruch.
Die Statuten und administrativen Dokumente müssen in der Sprache abgefasst sein, die der Sprache des Landesteils entspricht, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. Dies ist entweder Französisch, Niederländisch oder Deutsch. Belgien hat, aus deutscher Perspektive, den Vorteil, eine Deutschsprachige Gemeinschaft zu haben, in der Deutsch Amtssprache ist, so dass die gesamte Gründung und weitere Abwicklung, inklusive der künftigen Steuererklärungen, Bilanzen etc. auf Deutsch erfolgen kann.
Für weitere Auskünfte stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator
Gerichtsstand und anwendbares Recht – Zur Ermittlung ausländischen Rechts durch das Gericht
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido ImfeldIm internationalen Recht fallen Gerichtsstand und anwendbares Recht häufig auseinander.
Grund hierfür ist, dass sich die Gerichtstände aus der Brüssel I-Verordnung ergeben, während das anwendbare Recht sich im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse aus der Rom I-Verordnung, im Bereich des außervertraglichen Rechts aus der Rom II-Verordnung erschließt, obwohl gemäß Erwägungsgrund 7 der Verordnung Rom I-VO der Anwendungsbereich der Rom-I-Verordnung zum anwendbaren Recht und der Brüssel-I-Verordnung zum Gerichtsstand im Einklang stehen sollten.
Beispiel: Ein deutscher Verkäufer verkauft an den belgischen Käufer Waren und liefert diese an dessen Sitz. Gemäß Artikel 2 Brüssel-I-VO kann der Verkäufer den Käufer an dessen allgemeinen Gerichtstand, d.h. am Sitz seines Unternehmens verklagen; gemäß Artikel 5 Brüssel-I-VO am Lieferort. Beide Gerichtsorte befinden sich am Sitz des Käufers.
Das anzuwendende Recht wäre das deutsche Recht, wobei im Falle einer gewerblichen Lieferung jedoch gilt, dass das sowohl in Deutschland wie in Belgien anwendbare UN-Kaufrecht gälte und nur subsidiär das deutsche Recht.
Sollten die AGB jedoch, wie häufig, eine Ausschlussklausel für das UN-Kaufrecht beinhalten, müsste der deutsche Verkäufer in Belgien seine Ansprüche nach deutschem Recht einklagen.
Auf die häufig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorhandene Gerichtstandsklausel wird er sich dabei in aller Regel nicht berufen können, denn im innereuropäischen Rechtsverkehr verlangt Artikel 23 Brüssel-I-Verordnung Schriftlichkeit zur Vereinbarung eines Gerichtstandes, was durch Inbezugnahme oder Übersendung von AGB nicht gegeben ist.
Naturgemäß kennt der belgische Richter das deutsche Recht nicht und spricht, abseits der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, regelmäßig kein Deutsch. Gleiches gilt im umgekehrten Fall bei Anwendung z. B. belgischen Rechts für den deutschen Richter, wenn dieser nicht zufällig Französisch oder Niederländisch spricht.
Dann stellt sich die Frage, in welchem Umfang die jeweils darlegungs- und beweisbelastete Partei zum anwendbaren ausländischen Recht vortragen muss.
Zumindest in Deutschland ist der Richter von Amts wegen zur Ermittlung des anwendbaren ausländischen Rechts verpflichtet. Die Verpflichtung des deutschen Richters zur Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts von Amts wegen hat der BGH in seinen Entscheidungen BGH NJW 1996, 54 und BGH NJW 2009, 916 bestätigt. In Belgien, und insbesondere z.B. in Großbritannien, wo die sogenannten fact doctrine gilt, ist der Richter hierzu weniger bis gar nicht verpflichtet.
Nunmehr beschäftigte sich der BGH in einer Entscheidung vom 14.01.2014 (II ZR 192/13) mit der Qualität, in welcher das ausländische Recht zu ermitteln ist.
Dort hießt es:
„Der Tatrichter darf sich bei der Ermittlung ausländischen Rechts nicht auf die Heranziehung der Rechtsquellen beschränken, sondern muss auch die konkrete Ausgestaltung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die ausländische Rechtsprechung, berücksichtigen.“
In der Sache hatte der Richter auf Anregung einer der Parteien eine Auskunft nach dem Europäischen Übereinkommen vom 07.06.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, das sogenannten Londoner-Übereinkommen, eingeholt. Er hatte sich allerdings mit einer nicht ausreichenden Antwort zufrieden gegeben und damit den Fall entschieden. Der BGH sah dies als Verfahrensfehler an und hob die Entscheidung auf.
Diese Entscheidung ist zu begrüßen, wobei selbstverständlich in der Praxis gilt, dass einem Richter auch nicht Unmögliches zugemutet werden kann. Es wäre einer Partei nicht anzuraten, sich zurückzulehnen und den Richter „machen zu lassen“. Dabei ist derjenige, der zum anwendbaren Recht substantiiert vortragen kann, deutlich im Vorteil.
Denn man kann vom Gericht nicht verlangen, ganz allein ausländisches Recht zu ermitteln. In aller Regel kennt der Richter die Sprache nicht; weiß auch nicht, wie und wo zu recherchieren ist. Im Zweifel wird die darlegungs- und beweisbelastete Partei mit Vorschusskosten in leicht vier- bis fünfstelliger Höhe beschwert, weil der Richter zur Ermittlung ausländischen Rechts Rechtsgutachten bei Universitätsprofessoren oder dem Max Planck Institut für internationales Recht einholt, wenn die Parteien wenig oder gar nicht zum anwendbaren Recht vortragen.
Man ist daher gut beraten, bereits bei der Gestaltung seiner Verträge und deren Abschluss einen Gleichklang zwischen Gerichtsstand und anwendbarem Recht herzustellen bzw. im internationalen Handel das UN-Kaufrecht gerade nicht auszuschließen ist. Denn es ist z.B. in der EU mit Ausnahme von England, Portugal und Malta in allen EU-Staaten durch Ratifizierung des Wiener-Abkommens nationales Recht geworden und erleichtert damit die Rechtsdurchsetzung im Ausland ganz erheblich. Je nachdem, ob man Verkäufer oder Käufer ist, sollte das disponible UN-Kaufrecht jedoch um einige Stellen durch AGB gestaltet werden.
Ist aber im konkreten Fall doch ausländisches Recht anwendbar, stehen wir Ihnen für das deutsche Recht in Belgien und das belgische Recht in Deutschland gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator
Kündigung eines Vertragshändlervertrages nach belgischem Recht
Guido Imfeld, Standpunkte /von Guido ImfeldBahnbrechendes Urteil des EuGH zum Gerichtsstand
Marktpräsenz im Ausland wird sehr häufig durch Handelsvertreter oder Vertragshändler hergestellt.
Der Handelsvertreter vermittelt dabei Verträge, die zwischen dem Auftraggeber des Handelsvertreters, dem Prinzipal und dem Kunden direkt zu Stande kommen. Für die Vermittlung erhält der Handelsvertreter Provision.
Der Vertragshändler hingegen verkauft in eigenem Namen und wird Vertragspartner des Kunden, während der Hersteller ihm zuvor im Rahmen eines eigenständigen Kaufvertrages die entsprechende Ware geliefert hat.
Dabei fungiert der Vertragshändlervertrag als Rahmenvertrag, innerhalb dessen Einzelkaufverträge abgeschlossen werden.
Bei Kündigung des Handelsvertretervertrages erhält der Handelsvertreter den sogenannten Handelsvertreterausgleich, der aufgrund einer EG-Richtlinie in allen Ländern der EU verpflichtend ist.
Eine solche Richtlinie für Vertragshändler gibt es nicht. Der Vertragshändler erhält daher in aller Regel keine Entschädigung im Falle der ordnungsgemäßen Kündigung des Vertragshändlervertrages, wobei hier zwei Ausnahmen zu nennen sind.
1. Deutschland
Der Handelsvertreterausgleich ist im deutschen Recht in § 89 b HGB geregelt. Gemäß ständiger Rechtsprechung des BGH erhält der Vertragshändler in dem Fall, dass er in gleicher Weise in das Vertriebssystem eines Herstellers eingebunden ist wie ein Handelsvertreter (weitgehende Berichtspflichten, Wettbewerbsverbot, Verpflichtung, Kundendaten zu überlassen etc.) im Einzelfall und in Ansehung der besonderen Umstände analog dem Handelsvertreterausgleich eine Entschädigung bei Beendigung des Vertragshändlervertrages.
2. Belgien
In Belgien ist bei einem exklusiven Vertragshändlervertrag gemäß dem Gesetz vom 27.07.1961 über die einseitige Kündigung unbefristeter Alleinvertriebsverträge und des Gesetzes vom 13.04.1971 über die einseitige Kündigung der Vertriebsverträge immer und verpflichtend ein Ausgleich bei Beendigung des Vertragshändlervertrages zu zahlen.
Das recht kurz gehaltene Gesetz befasst sich lediglich mit den Folgen der Kündigung und regelt in keiner Weise den Vertragshändlervertrag als solchen.
Es sieht dabei die ausschließliche Zuständigkeit belgischer Gerichte vor und verpflichtet diese zur Anwendung des insoweit zwingenden belgischen Rechts, wenn und soweit der Vertragshändler seine Tätigkeit in Belgien ausübt.
Aufgrund dessen ist zu Gunsten des belgischen Vertragshändlers die Anwendbarkeit des Gesetzes gewährleistet, selbst wenn die Parteien ein ausländisches Recht gewählt und einen ausländischen Gerichtsstand vereinbart haben.
Der EuGH hat nunmehr jedoch, dogmatisch völlig richtig und in gewünschter Deutlichkeit mit Urteil vom 19.12.2013 (Rechtssache C-9/12 – Corman-Collins SA ./. La Maison du Whisky SA) klargestellt, dass eine solche nationale Zuständigkeitsvorschrift die zwingende Anwendbarkeit der Brüssel-I-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) nicht verdrängen kann. Das europäische Sekundärrecht habe Vorrang vor dem nationalen Recht bei Fällen mit Auslandsbezug, soweit die Frage der Zuständigkeit der Gericht betroffen ist.
Damit ist zwar in aller Regel noch nicht per se die Zuständigkeit belgischer Gerichte abbedungen. Diese Zuständigkeit kann in Fällen mit Auslandsbezug aber nicht mehr aus dem Gesetz vom 1961 abgeleitet, sondern muss anhand der Brüssel-I-Verordnung ermittelt werden. Die vorgenannte Verordnung sieht hierbei zwei Zuständigkeitsanknüpfungen vor, einmal gemäß Artikel 2 am Sitz des jeweiligen Beklagten, alternativ jedoch gemäß Artikel 5 am Gerichtsstand des Erfüllungsortes, d.h. dem Ort, an dem die Leistungen vertragsgemäß erbracht werden. Dies führt dann in der Regel zur Zuständigkeit der belgischen Gerichte am Sitz des Vertragshändlers.
Aber in weiterer Konsequenz der vorgenannten Entscheidung dürften Gerichtsstandsvereinbarungen gemäß Artikel 23 EuGVVO Geltung und damit Vorrang haben vor der Kompetenzzuweisung aus dem Gesetz vom 27. Juli 1961. Hierüber hat der EuGH jedoch noch nicht entschieden.
Im Verhältnis zu Drittstaaten, d.h. Staaten außerhalb der EU, insbesondere der Vereinigten Staaten, dürfte es allerdings bei der international zwingenden Anwendbarkeit des belgischen Gesetzes über die Beendigung von Vertragshändlerverträgen verbleiben.
Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftrecht
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