Das Europäische Parlament hatte in 2015 Richtlinienentwürfe für den Onlinehandel und für die Bereitstellung digitaler Inhalte, Vorschläge (2015) 634 und 635, vorgestellt. Gerade der Vorschlag (2015) 635, der den Onlinehandel betraf, begegnete scharfer Kritik fast sämtlicher Verbände, weil er zu unterschiedlichen Gewährleistungsansprüchen je nach der Art und Weise des Zustandekommens des Vertrages und nicht mehr nach Maßstab des Vertragsgegenstandes (Kaufvertrag, Werkvertrag etc.) geschaffen hätte. Es hätte unterschiedliche Regeln zu der Gewährleistung im Onlinehandel verglichen mit dem stationären Handel gegeben. Dadurch wäre der stationäre Handel gegenüber dem Onlinehandel benachteiligt worden, weil zum Beispiel die Beweislastumkehr bei Vorliegen eines Mangels bei einem Verbrauchsgüterkauf bei einem Händler 6 Monate betrug und weiterhin betragen sollte, jedoch nach dem Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates bei einem Onlinegeschäft 2 Jahre. Jeder Verbraucher wäre daher gut beraten gewesen, online zu kaufen.

Das Parlament und der Rat haben daher einen neuen Entwurf, (2017) 637, vorgelegt. Dieser soll nunmehr einheitlich den Verbrauchsgüterkauf regeln und die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie aus 1999 ersetzen. Ziel ist dabei eine vollständige Harmonisierung des Verbrauchsgüterkaufrechts in der Europäischen Union.

Während dies grundsätzlich zu begrüßen ist, haben die beteiligten Verbände bei einer Anhörung im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz am 9. Januar 2018 noch Kritik an dem Entwurf erhoben, der teilweise inhaltlicher, teilweise handwerklicher Natur war.

Daneben verbleibt es bei einer gesonderten Richtlinie für die Bereitstellung digitaler Inhalte an Konsumenten.

 

Abgrenzung zwischen Kauf- und Dienstleistungsverträgen

Gemäß Artikel 1 Ziffer 2 soll die Richtlinie nicht für Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen gelten. Bei Kaufverträgen, die sowohl den Kauf von Waren als auch die Erbringung von Dienstleistungen vorsehen, soll die Richtlinie nur auf den Teil Anwendung finden, der sich auf den Kauf von Waren bezieht. Erwägungsgrund (12) bestimmt:

„Enthält ein Vertrag sowohl Elemente, die den Verkauf von Waren als auch solche, die die Bereitstellung von Dienstleistungen betreffen, sollte diese Richtlinie im Einklang mit dem Konzept der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates nur für den Teil gelten, der sich auf den Verkauf von Waren bezieht.“

Zwar enthält Artikel 6 „Unsachgemäße Montage oder Installierung“ eine Bestimmung, wonach bei unsachgemäßer Montage oder Installation von Waren und einer hierdurch verursachten Vertragswidrigkeit die Vertragswidrigkeit der Ware angenommen wird. Dies lässt darauf schließen, dass ein Dienstleistungsanteil „Montage“ und/oder „Installation“ nicht gesondert zu betrachten wäre.

Es gibt jedoch Verträge, die z.B. auch Planungs- und Beratungsleistungen beinhalten (z.B. Planung, Herstellung und Lieferung einer Einbauküche). Dem Ziel einer Vollharmonisierung und eines höheren Schutzniveaus der Verbraucher wird eine Aufteilung der Rechtsregime in einen kaufrechtlichen Teil, der aufgrund der Richtlinie vollständig harmonisiert ist, und einen Teil, der dem nicht harmonisierten Dienstvertragsrecht (Dienst- und Werkvertrag) unterfällt, nicht gerecht.

Die deutsche Regelung zur Abgrenzung bei gemischten Verträgen, sogenannte Werklieferungsverträge erscheint sachgerechter. § 651 BGB bestimmt in Anlehnung an Art. 3 des UN Kaufrechts, dass gemischte Kaufverträge dann dem Kaufrecht zuzuordnen sind, wenn der überwiegende Anteil der vertraglichen Leistung dem Kauf zuzuordnen ist. Abzugrenzen ist bei den jeweiligen Leistungsanteilen in quantitativer Hinsicht (vgl. hierzu CISG Advisory Council Opinion Nr. 4). Eine solch einheitliche Betrachtung gemischter Verträge erhöht sowohl die Rechtssicherheit für die Verbraucher wie auch die Rechtssicherheit der Verkäufer unter dem Gesichtspunkt der Vereinheitlichung des Rechts auf europäischer Ebene. Eine Rückausnahme für Wartungsverträge nach Kauf einer Sache wäre jedoch unbedenklich.

 

Ausnahmen vom Anwendungsbereich für CDs und DVDs

Gemäß dem Richtlinienvorschlag soll die Richtlinie nicht für Datenträger mit digitalen Inhalten gelten, wenn diese Datenträger ausschließlich der Übermittlung digitaler Inhalte an den Verbraucher dienen. Erwägungsgrund (13) nimmt Waren wie DVD´s und CD´s ausdrücklich vom Anwendungsbereich aus. Hier sollen die Spezialregelungen aus dem Richtlinienvorschlag für die Bereitstellung digitaler Inhalte gelten.

Allerdings erscheint es nicht sachgerecht, z.B. Vinyl-Schallplatten, Musik- oder Videokassetten, die es immer noch gibt, dem Anwendungsbereich der Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf zu unterstellen, jedoch funktionsgleiche Datenträger von der Anwendung auszunehmen. Dies wäre gekünstelt, weil es bei CD´s und DVD´s nicht auf die Übermittlung der Daten ankommt, sondern auf die physische Integrität des Datenträgers zum Zwecke des Abspielens der Inhalte. Anders verhält es sich, wenn der Datenträger nur Medium für die Übertragung von Daten ist, wie zum Beispiel bei Computerprogrammen.

 

Handwerkliche Fehler

Artikel 4 Ziffer 1 lit. (a) des Richtlinienvorschlags ist in der deutschen und englischen Fassung nicht sauber formuliert. Nach der Formulierung hat der Verkäufer dafür Sorge zu tragen, dass die Beschreibung der Ware dem Vertrag entspricht. Die Beschreibung kann jedoch denklogisch nicht den vertraglichen Anforderungen entsprechen, weil diese Beschreibung Teil der vertraglichen Anforderungen ist, wenn und soweit sie unter Berücksichtigung des Zustandekommens des Vertrages Vertragsbestandteil geworden ist.

Die französische Fassung formuliert folgerichtig:

« 1. Le cas échéant, le vendeur veille à ce que, afin d´être conforme au contrat, les biens (a) soient de la quantité, de la qualité et du type prévu au contrat…

In Übersetzung:

„Sofern erforderlich, hat der Verkäufer dafür zu sorgen, dass die Waren, um vertragsgemäß zu sein, (a) von der Quantität, der Qualität und von der im Vertrag vorausgesetzten Art sind….“

 

Definition der Vertragsgemäßheit der Ware in Art. 5

Gemäß § 434 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,

  • wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
  • wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist oder die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Die in dieser Norm angelegte Hierarchie der Beschaffenheit, wo zunächst auf die vertragliche vorgesehene Beschaffenheit und sodann erst bei Fehlen einer solchen auf die übliche Beschaffenheit abgestellt wird, fehlt in der Formulierung von Artikel 5 lit. (a), obwohl sich diese Hierarchie in der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bewährt hat. Einen Ansatz für eine Lösung bietet Artikel 4 Ziffer 1 lit. (b), wo der spezielle Verwendungszweck als Beschaffenheitsangabe angesprochen ist.

Zu begrüßen ist jedoch ausdrücklich die Formulierung des Artikel 5 (b), wonach eine Ware dann vertragswidrig ist, wenn sie Zubehör nicht enthält, das der Verbraucher erwarten kann. Denn nichts ist ärgerlicher, als den neuen Drucker oder ein anderes Gerät auszupacken und festzustellen, dass Anschlusskabel, Batterien oder anderes wesentliches Zubehör nicht mitgeliefert wurden. Jeder von uns kennt die enttäuschten Gesichter der Kinder und auch der Erwachsenen am Weihnachtsabend, wenn die Geschenke nicht in Betrieb genommen werden können, weil notwendiges Zubehör fehlt…

 

Keine Ausnahmeregelung bei der Gewährleistung für gebrauchte Güter

Bedauerlich ist, dass weder Artikel 8 (Beweislastumkehr) noch Art. 14 (Gewährleistungsfrist) Ausnahmen für gebrauchte Gegenstände im Sinne einer Verkürzung der Fristen zulassen. Beide Fristen sollen nunmehr 2 Jahre betragen.

Bereits die Beweislastumkehr von sechs Monaten und eine Mindestgewährleistungsfrist von einem Jahr haben dazu geführt, dass ein signifikanter Anteil gebrauchter Güter einem unternehmerischen Wiederverkauf entzogen wurden. Der Anteil der einer Wiederverwertung durch z.B. Inzahlungnahme und Wiederverkauf durch einen Unternehmer dem Wirtschaftskreislauf entzogenen Güter würde bei einer Ausdehnung der Beweislastumkehr und Gewährleistung jeweils auf 2 Jahre nicht unerheblich ansteigen. Dies widerspricht dem Gebot der Nachhaltigkeit, gerade bei hochwertigen, jedoch gebrauchten Konsumgütern.

Es gibt durchaus ein Bedürfnis der Verbraucher, gebrauchte Gegenstände nicht im Bereich C2C, sondern bei professionellen Wiederverkäufern zu erwerben. Die Verlängerung von Beweislastumkehr und Gewährleistung bei gebrauchten Gegenständen würde entweder den Preis der Inzahlungnahme sinken lassen oder den Wiederverkaufspreis erhöhen – zu vermuten steht beides, weil der Unternehmer das Wagnis der Gewährleistung einkalkulieren muss. Der Vorteil der Verbraucher bei Verlängerung der Gewährleistungsfrist würde sich in einen Nachteil verkehren. Es ist auch nicht einsehbar, warum für gebrauchte Gegenstände in demselben Umfang gehaftet werden soll wie für neue Gegenstände.

Daher sollte wie bisher bei gebrauchten Gütern eine Beschränkung der Gewährleistung auf ein Jahr zugelassen werden und es auch bei einer Beweislastumkehr von sechs Monaten verbleiben.

 

Rügefrist

Soweit des Weiteren in den politischen Diskussionen, insbesondere im sogenannten Trilog, in Frage steht, dass nach Rücktritt von dem Vertrag eine Verpflichtung zu Wertersatz für die gezogenen Nutzungen nicht bestehen soll, sollte eine Obliegenheit des Käufers aufgenommen werden, bei Auftreten eines Mangels diesen innerhalb angemessener Frist anzuzeigen.

Denn ansonsten besteht die Gefahr, dass gerade bei hochwertigen Wirtschaftsgütern, z.B. Pkw, ein Mangel, der nicht zur Gebrauchsuntauglichkeit des Gegenstandes führt, hingenommen wird, um z.B. kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist Ansprüche geltend zu machen. In dem Fall, dass dem Mangel nicht abgeholfen werden kann, würde dies zu einer einseitigen Bevorzugung der Verbraucher und nicht gerechtfertigten Belassung von Nutzungsvorteilen führen.

Auf der anderen Seite ist Voraussetzung des Rücktritts immer das Fehlschlagen, die Unmöglichkeit oder Verweigerung der Abhilfe. Es ist daher durchaus zu rechtfertigen, wenn kein Wertersatz geleistet wird, wenn und soweit der Verbraucher innerhalb angemessener Frist den Mangel anzeigen muss. Eine Pflicht zur Untersuchung der Ware soll jedoch nicht bestehen.

Im Gegenzug zu einer Verlängerung der Beweislastumkehr sollte daher eine Frist von sechs Monaten ab Kenntnis von dem Mangel vorgesehen werden. Auf ein Kennenmüssen sollte es jedoch nach nicht ankommen dürfen. Auf unbestimmte Rechtsbegriffe wie „unverzüglich“ oder „in angemessener Zeit“ sollte bei Bemessung der Frist verzichtet werden, um das Ziel einer Vollharmonisierung nicht durch unterschiedliche Rechtsprechung der Gerichte in den Mitgliedstaaten zu gefährden.

 

Händlerregress

Nach wie vor soll die Regelung der Frage, welche Personen innerhalb der Vertragskette auf Regress haften, dem nationalen Recht überlassen bleiben.

Der deutsche Gesetzgeber hat bei Umsetzung der Verbrauchergüterkaufrichtlinie Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, den Regress des Händlers, der einem Verbraucher Ersatz zu leisten hat, innerhalb der Vertragskette auf einen Anspruch gegenüber seinem Vorlieferanten zu begrenzen. Andere Länder, wie z.B. Frankreich und Belgien, kennen hingegen einen Anspruch des dem gegenüber dem Verbraucher regresspflichtigen Vertragspartners gegenüber Vorlieferanten oder dem Hersteller, unbeachtlich, ob ein unmittelbares Vertragsverhältnis besteht (vgl. z.B. Artikel 1649 sexies Code Civil belge). Darüber hinaus lassen z.B. das belgische wie das französische Recht bereits nach allgemeinem Zivilrecht einen unmittelbaren Anspruch des Endkunden gegenüber dem Hersteller zu, auch wenn dieser nicht als Verkäufer dessen unmittelbarer Vertragspartner ist.

Der Nachteil einer solchen Lösung im Verbraucherrecht besteht darin, dass in Vertragsketten der Verbraucher Vorlieferanten oder den Hersteller in Anspruch nehmen kann, und zwar nach Maßgabe des im Letztverhältnis anwendbaren nationalen, bislang nur teilharmonisierten Rechts. Dies steht jedoch im Widerspruch zur Möglichkeit, in dem B2B-Vorvertragsverhältnis gemäß Art. 3 Rom I-VO das anwendbare Recht oder gemäß Art. 25 Brüssel I a-VO einen wirksamen Gerichtsstand zu bestimmen (die Vorschriften der Art. 6 Rom I-Verordnung und Art. 17-19 I a-VO sind auf B2B-Vorvertragsverhältnisse nicht anwendbar). Die unterschiedliche Ausgestaltung des Regresses in den verschiedenen Mitgliedstaaten führt daher zu Rechtsunsicherheit und fehlender Planungssicherheit, gerade im grenzüberschreitenden Geschäft.

Im Rahmen einer Vollharmonisierung sollte daher dieser Punkt Gegenstand einer einheitlichen Regelung sein.

Während aus deutscher Sicht die Abwicklung des Regresses innerhalb der Vertragsbeziehungen bislang allein aus dogmatischen Gesichtspunkten vorzugswürdig erschien, zeigte jedoch der sog. Volkswagen-Abgasskandal auf, dass zum Nachteil der Verbraucher (und der Endkunden allgemein) ein Regelungsdefizit im deutschen Recht besteht. Während in anderen Rechtsordnungen ein unmittelbarer Anspruch gegen den Hersteller als den für den Mangel Verantwortlichen erhoben werden kann, scheiden unmittelbare Ansprüche gegen den Hersteller, der nicht Verkäufer ist, in Deutschland außerhalb des Anwendungsbereichs des Produkthaftungsgesetzes aus. Insbesondere, soweit Schadensersatzansprüche betroffen sind, fehlt es regelmäßig an dem Verschulden des Händlers, dem das Verschulden des Herstellers im BGB nicht zugerechnet wird. In der Folge greift der Verbraucherschutz in Deutschland in Fallkonstellation, wie diese dem sog. Volkswagen-Abgasskandal zugrunde liegen, zu kurz. Dies betrifft auch Fälle willkürlicher Obsolenz, d. h., wenn der Hersteller die Lebensdauer oder Beschaffenheit von Geräten künstlich beschränkt (siehe Apple). Auch geht der Regressberechtigte regelmäßig leer aus, wenn die Kette infolge der Insolvenz eines Zwischenhändlers abbricht.

Vorzugswürdig erscheint daher im Sinne des Verbraucherschutzes, aber auch unabhängig hiervon im Sinne des Schutzes des Endkunden, Verbraucher oder nicht, den Regress, insbesondere im Hinblick auf Schadensersatzansprüche, so zu gestalten, dass dieser innerhalb einer Lieferkette zwar nur gegenüber dem Vertragspartner des jeweils Betroffenen ausgeübt werden kann, jedoch davon unabhängig und parallel auch ein unmittelbarer Anspruch gegen den Hersteller des Gegenstandes (dieser definiert im Sinne des Produkthaftungsgesetzes) vorgesehen wird.

 


 

Guido Imfeld
Rechtsanwalt / Avocat / Advocaat
Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator

Über den Autor

  • Guido Imfeld

    Guido Imfeld ist zugelassener Anwalt seit 1996 und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, für Handels- und Gesellschaftsrecht und für gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht. Seit dem Jahre 2000 ist er auch in Belgien als Anwalt zugelassen. Zum Anwaltsprofil