Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage der Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen für den (Minderheits-) Gesellschafter/Geschäftsführer gemäß den Entscheidungen des BGH vom 17.09.2005 „Mitarbeitermodell“ (II ZR 342/03) und „Managermodell (II ZR 173/04).

Am 19. September 2005 entschied der BGH in der als „Mitarbeitermodell“ bezeichneten Entscheidung zum Aktenzeichen II ZR 342/03, dass ein Mitarbeitermodell, bei dem einem verdienten Mitarbeiter – unentgeltlich oder gegen Zahlung eines Betrages in Höhe nur des Nennwerts oder gegen hälftige Befreiung seines Geschäftsanteils – eine Minderheitsbeteiligung eingeräumt wird, die er bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen ohne Anspruch auf Entschädigung nach Verkehrswert zurück zu übertragen hat, zulässig ist.

Der Mitarbeiter/Gesellschafter verliert bei Beendigung seines Mitarbeiterstatus seine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an dem Unternehmen, wobei sein Abfindungsanspruch beschränkt wird. In dem Leitsatz zu lit. d der Entscheidung des BGH vom 19. September 2005 bejaht der BGH die Zulässigkeit der Reduzierung der Abfindung des ausscheidenden Mitarbeiters auf den Betrag, den er für den Erwerb des Anteils gezahlt hat, und damit den Ausschluss von zwischenzeitlichen Wertsteigerungen.

Ansonsten nach der Rechtsprechung unzulässige Klauseln zur Abfindungsbeschränkung seien bei einem sogenannten Mitarbeitermodell aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls, die dem Modell geschuldet sind, wirksam.

Dies gilt bereits für den Grundsatz, dass der Verlust der Gesellschafterstellung durch den Verlust des Anstellungsverhältnisses bedingt wird. In der am selben Tag ergangenen Entscheidung II ZR 173/04, „Managermodell“ hielt der BGH eine Regelung in einer GmbH für wirksam, wonach der Geschäftsführer einer GmbH wirksam verpflichtet werden kann, seinen ihm mit Rücksicht auf seine Geschäftsführerstellung überlassenen Geschäftsanteil nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit zurück zu geben.

Auch der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei bei einem Mitarbeiter- oder Managermodell nicht anwendbar. In dem von dem BGH zu entscheidenden Fall traf die Pflicht zur Rückübertragung bei Verlust des Anstellungsverhältnisses nur einen bestimmten Gesellschafterkreis, nicht aber die Gründungsgesellschafter. Während der BGH solche Ungleichbehandlungstatbestände grundsätzlich als unzulässig ansieht, nimmt er bei einem Mitarbeitermodell einen sachlichen, die Klausel rechtfertigenden Grund an. Nur der Gründungsgesellschafter habe die Gesellschaft gegründet und das erforderliche Kapital aufgebracht. Die Mitarbeitergesellschafter hätten hingegen in die Gesellschaft kein Geld eingelegt, sondern allenfalls an den Gründungsgesellschafter einen Kaufpreis für ihre Anteile bezahlt. Bei dieser Sachlage bestehen, so der BGH, keine Bedenken gegen eine Regelung, wonach nur die Mitarbeiter-Gesellschafter und nicht auch der Gründungsgesellschafter bei Beendigung der Tätigkeit zur Rückgabe ihrer Geschäftsanteile verpflichtet sind.

Das Gleiche gilt auch für den Umstand, dass dem Arbeitnehmer, der bei einem solchen Modell mit Kündigung seines Arbeitsverhältnisses seine Gesellschafterstellung verliert, die Entscheidung, den Arbeitsvertrag zu kündigen, erschwert werden könnte.

Das Bundesarbeitsgericht habe zwar aus dem allgemeinen Grundsatz des § 622 Abs. 6 BGB hergeleitet, es sei unzulässig, durch vertragliche Absprache eine ungleiche Kündigungslage zum Nachteil einer der Parteien des Arbeitsverhältnisses, vor allem des Arbeitsnehmers, zu schaffen, insbesondere einen einseitigen Vermögensnachteil des Arbeitsnehmers für den Fall der von ihm erklärten Kündigung zu vereinbaren. Dieser Grundsatz schließe allerdings eine für den Arbeitnehmer ungünstige Reflexwirkung seiner Kündigung nicht aus. Entscheidend sei eine Würdigung der Gesamtumstände unter Beachtung des Gebots der Verhältnismäßigkeit. Und danach sei die Verknüpfung der Beendigung – und damit auch der Kündigung – des Arbeitsvertrages mit dem Wegfall der Gesellschafterstellung im Rahmen eines Mitarbeitermodells nicht zu beanstanden.

Ähnlich äußert sich der BGH bei dem strukturverwandten Managermodell, Entscheidung des BGH vom 19. September 2005 zum AZ II ZR 173/04. Auch hier wendet der BGH die Rechtsprechung zu den sogenannten Hinauskündigungsklauseln nicht an. Unter lit. b des Leitsatzes stellt er fest, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gelte. Eine an keine Voraussetzung geknüpfte Hinauskündigungsklausel sei vielmehr wirksam, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt sei. Dies sei dann der Fall, wenn einem Geschäftsführer im Hinblick auf seine Geschäftsführerstellung eine Minderheitsbeteiligung eingeräumt wird, für die er nur ein Entgelt in Höhe des Nennwerts zu zahlen hat, und die er bei Beendigung des seines Geschäftsführeramtes gegen eine der Höhe nach begrenzte Abfindung zurück zu übertragen hat.

Auch die Beschränkung der Abfindung ist nach Ansicht des BGH bei einem sogenannten Mitarbeitermodell zulässig. Grundsätzlich habe zuvor jeder Gesellschafter einen Anspruch auf Abfindung in Höhe des Verkehrswertes seines Geschäftsanteils. Aber dieser Grundsatz gelte nicht ausnahmslos. So könne der Abfindungsanspruch bereits in der Satzung beschränkt werden, soweit dadurch nicht von vornherein ein grobes Missverhältnis zu dem Wert der Gesellschaftsbeteiligung entsteht. Dabei seien das Interesse der verbleibenden Gesellschafter an dem Fortbestand des Gesellschaftsunternehmens und das Interesse des ausscheidenden Gesellschafters an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung seiner Beteiligung gegeneinander abzuwägen. Der bloße Umstand, dass der ausscheidende Gesellschafter den Geschäftsanteil geschenkt bekommen habe, reiche allerdings grundsätzlich als Rechtfertigung für eine Abfindungsbeschränkung nicht aus, weil nach der Rechtsprechung des Senats auch eine auf dem Wege der Schenkung der Beteiligung in die Gesellschaft aufgenommene Person kein Gesellschafter „zweiter Klasse“ sei.

Bei einem Mitarbeitermodell jedoch sei dieser Grundsatz nicht anwendbar, da ein Gesellschafter minderen Rechtes jedenfalls nicht der Mitarbeiter sei, der im Rahmen eines Mitarbeitermodells darauf verwiesen werde, bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft nur Anspruch auf eine Abfindung in Höhe des von ihm selbst aufgewandten Betrages – und ohne Beteiligung am Verlust – zu erhalten. Eine derartige Abfindungsbeschränkung sei vielmehr sachlich gerechtfertigt, weil anderenfalls nur die erste Generation von Mitarbeiter-Gesellschaftern in den Genuss dieser Vorteile der Vertragsgestaltung gelange, mit deren Ausscheiden unter Zahlung eine Abfindung zum Verkehrswert aber die für die weitere Durchführbarkeit des Modells erforderliche finanzielle Grundlage zerstört wäre.

Ähnlich äußert der BGH sich in der Entscheidung „Manager-Modell“:

„Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des jeweiligen Geschäftsführers hat nach dem Unternehmenskonzept der Beklagten die Funktion, den Geschäftsführer stärker an das Unternehmen zu binden, seine Motivation zu steigern und seine Stellung als „geschäftsführender Gesellschafter“ innerhalb des Betriebs und nach außen aufzuwerten. Dabei steht wirtschaftlich die Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft, der jeweils vollständig ausgeschüttet wird, im Vordergrund. Damit wird dem Geschäftsführer eine – von seinem Geschick bei der Unternehmensführung mitabhängige und diesen Erfolg widerspiegelnde – Einnahmequelle neben seinem Gehalt eingeräumt. So sind an den Kläger in den Jahren 1988 bis 2000 Gewinnanteile in Höhe von durchschnittlich 148.556,89 EUR ausgeschüttet worden, das war mehr als sein Gehalt. Demgegenüber sind die Möglichkeiten des Geschäftsführers, in der Gesellschafterversammlung seine Vorstellungen gegen den Willen der Beklagten durchzusetzen, praktisch ausgeschlossen. Alle gesetzlichen und satzungsmäßigen Mehrheiten hat die Beklagte. Dafür ist das finanzielle Risiko des Geschäftsführers gering. Er braucht für den Erwerb des Geschäftsanteils nicht mehr als den Nennwert zu zahlen. Im Ergebnis erlangt der auf diesem Wege an der Vor-Ort-Gesellschaft Beteiligte eine treuhänderähnliche Stellung, deren wirtschaftlicher Wert – bei denkbar geringem eigenen Risiko – in dem erheblichen Gewinnausschüttungspotential während der Dauer seiner organschaftlichen und dienstvertraglichen Bindung an die Gesellschaft liegt. Mit deren Beendigung ist es selbstverständlich, dass die weitere Beteiligung ihren rechtfertigenden Sinn – Bindung an das Unternehmen, Motivationssteigerung und Belohnung für den erfolgreichen Einsatz – verliert. Nur durch die Rückübertragung wird der Beklagten als Mehrheitsgesellschafterin zudem die Möglichkeit eröffnet, den Nachfolger im Amt des Geschäftsführers in gleicher Weise zu beteiligen und damit das Geschäftsmodell auf Dauer fortzuführen.“

In der Entscheidung „Mitarbeitermodell“ heißt es auf Seite 9 wie folgt:

„Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung verdienter Mitarbeiter hat nach dem Unternehmenskonzept der Klägerin die Funktion, diese Mitarbeiter stärker an das Unternehmen zu binden, ihre Motivation zu steigern und zugleich einen Anreiz für die übrigen Mitarbeiter zu schaffen, durch entsprechend loyales Verhalten ebenfalls in den Genuss einer Gesellschaftsbeteiligung zu kommen, die nicht nur zu einer Aufwertung ihrer Stellung im Unternehmen führt, sondern ihnen auch die Aussicht auf Aufzahlung einer zusätzlichen Vergütung in Gestalt der Gewinnanteile verschafft. So sind an die Beklagte im Jahre 1990 bis 2001 Gewinnanteile in Höhe von durchschnittlich 26.250,00 EUR ausgeschüttet worden.

Die einer Tantieme-Regelung ähnelnde Gestaltung steht im Vordergrund des Modells. Denn die Möglichkeiten des Mitarbeiters, in der Gesellschafterversammlung seine Vorstellung gegen den Willen des Mehrheitsgesellschafters S. durchzusetzen, sind weniger bedeutsam. Von dem Stammkapital der Klägerin in Höhe von zuletzt 600.000,00 EUR hielten S. und seine Ehefrau 21.000,00 DM, das sind 53,5 %. Das übrige Kapital war auf – einschließlich der Beklagten, welche 4 % des Stammkapitals hielt – 12 Mitarbeiter-Gesellschafter aufgeteilt. Das finanzielle Risiko der Mitarbeiter-Gesellschafter ist noch dadurch gemindert, dass sie für den Erwerb ihres Geschäftsanteils – soweit er ihnen nicht wie im Falle der Beklagten unentgeltlich übertragen wird – allenfalls den Nennwert zahlen müssen, während der Verkehrswert erheblich höher ist.

Im Ergebnis haben die Mitarbeiter danach eine treuhänderähnliche Stellung, deren wirtschaftlicher Wert – bei denkbar geringem eigenem Risiko – in dem erheblichen Gewinnausschüttungspotential während der Dauer der dienstvertraglichen Bindung an die Klägerin liegt. Mit deren Beendigung ist es selbstverständlich, dass die weitere Beteiligung an der Gesellschaft ihren rechtfertigenden Sinn – Bindung an das Unternehmen, Motivationssteigerung und Belohnung für geleistete Dienste – verliert. Nur durch die Rückübertragung wird dem Mehrheitsgesellschafter zudem die Möglichkeit eröffnet, andere verdiente Mitarbeiter mit Geschäftsanteilen auszustatten und das in der Satzung niedergelegte Mitarbeitermodell weiterhin durchzuführen. Dagegen führte eine Teilhabe an dem künftigen Wertzuwachs des Gesellschaftsvermögens ohne die weitere Mitarbeit zu einem unverdienten Vermögensvorteil des ausgeschiedenen Mitarbeiters.“


Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Über den Autor

  • Guido Imfeld

    Guido Imfeld ist zugelassener Anwalt seit 1996 und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, für Handels- und Gesellschaftsrecht und für gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht. Seit dem Jahre 2000 ist er auch in Belgien als Anwalt zugelassen. Zum Anwaltsprofil