Vorsicht bei grenzüberschreitenden Erbfällen!

Am 27.07.2012 ist die EU-Erbrechtsverordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden und am 16.08.2012 in Kraft getreten. Sie findet zwar Anwendung erst auf Erbfälle, die ab dem 17.08.2015 eintreten. Im Hinblick auf eine sichere Nachlassplanung und eine entsprechende Gestaltung durch letztwillige Verfügungen (Testamente, Erbverträge) sind ihre Regelungen aber bereits heute zu beachten. Die EU-Erbrechtsverordnung gilt ausschließlich bei Erbfällen mit Auslandsbezug. Auf rein deutsche Erbfälle ohne grenzüberschreitenden Bezug findet sie keine Anwendung.

Für das deutsche Erbrecht bringt die EU-Erbrechtsverordnung eine wesentliche Änderung der Voraussetzungen mit sich, unter denen das auf den Erbfall anwendbare Recht zu ermitteln ist. Nach bisheriger Rechtslage richtet sich das anzuwendende Erbrecht nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers. Stirbt ein deutscher Erblasser, gilt deutsches Erbrecht. Besaß der Erblasser beispielsweise die niederländische oder die belgische Staatsangehörigkeit, gilt grundsätzlich niederländisches bzw. belgisches Erbrecht. Dies gilt auch für den Fall, dass der ausländische Erblasser in Deutschland gelebt hat.

Nach der EU-Erbrechtsverordnung ist für die ab dem 17.08.2015 eintretenden Erbfälle jedoch nicht mehr die Staatsangehörigkeit des Erblassers das maßgebliche Kriterium für die Ermittlung des anzuwendenden Erbrechts, sondern sein letzter gewöhnlicher Aufenthalt. Hatte ein aus Saarbrücken stammender deutscher Staatsangehöriger seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im grenznahen Frankreich, gilt für die rechtliche Behandlung seines Nachlasses französisches Erbrecht. Genau so gilt für deutsche Staatsangehörige, die grenznah ihren letzten dauerhaften Wohnsitz in den Niederlanden oder Belgien hatten, die Anwendbarkeit niederländischen bzw. belgischen Erbrechts.

Die Anwendbarkeit ausländischen Erbrechts kann in vielfältiger Hinsicht unerwartete oder sogar ungewollte Auswirkungen haben. Zu denken ist beispielsweise an die Erbfolge, die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Testamenten oder Erbverträgen, an Pflichtteilsberechtigungen, Vermächtnisse oder die rechtliche Wirksamkeit von Ausschlagungs- und Annahmeerklärungen.

Um zu verhindern, dass für den Nachlass eines deutschen Erblassers, dessen wesentliches oder sogar gesamtes Vermögen in Deutschland belegen ist, das Erbrecht eines ausländisches Staates Anwendung findet, sieht die EU-Erbrechtsverordnung allerdings die Möglichkeit einer Rechtswahl vor. Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung für den Erbfall das Recht seines Heimatstaates wählen. Eine solche Rechtswahl kann auch bereits heute, also vor der Anwendbarkeit der EU-Erbrechtsverordnung im Jahre 2015, getroffen werden. Für alte Verfügungen von Todes wegen sieht die EU-Erbrechtsverordnung zumindest einen gewissen Bestandsschutz vor durch eine Rechtswahlfiktion, sofern das Testament oder der Erbvertrag nach dem für den Erblasser einschlägigen Heimatrecht errichtet wurde.

Fazit

Bei allen Nachlassplanungen mit Auslandsbezug, insbesondere wenn der künftige Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, sollte zwingend geprüft werden, welches Erbrecht im Todesfalle anzuwenden sein wird. Sofern dem künftigen Erblasser an der Anwendbarkeit seines Heimatrechts gelegen ist, sollte er im Rahmen einer letztwilligen Verfügung unbedingt eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung treffen. Auch die Überprüfung bereits errichteter letztwilliger Verfügungen ist im Hinblick auf die ab 2015 geänderte Rechtslage empfehlenswert.


Dr. Jörg Wernery
Schwerpunktmäßig im Erbrecht tätig
Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Der Steuerberater bei Insolvenz seiner Mandantschaft: Diese Thematik ist Gegenstand folgender zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes.

1. Drittschutz für Gesellschafter und Geschäftsführer aus Steuerberatervertrag mit einer GmbH

Gem. Urteil des BGH vom 14.06.2012 können der Gesellschafter und der Geschäftsführer in den Schutzbereich eines zwischen einer GmbH und einem Steuerberater geschlossenen Vertrages einbezogen sein, welcher die Prüfung einer möglichen Insolvenzreife der GmbH zum Gegenstand hat.

Die Überprüfung der Insolvenzreife des Unternehmens bedarf eines gesonderten Auftrages und ist nicht Bestandteil des Steuerberatungsvertrages. An dieser Stelle aufgepasst: Dieser Prüfvertrag kann auch stillschweigend zustande kommen. Es reicht aus, wenn der Mandant die Frage stellt, ob er einen Insolvenzantrag stellen muss und sich der Steuerberater hierzu äußert. Auf diesen Vertrag findet Werkvertragsrecht Anwendung. Damit schuldet der Steuerberater den vertraglich vereinbarten Erfolg, nämlich eine richtige Auskunft über die Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung.

2. Insolvenzanfechtung von Honorarzahlungen an Steuerberater

Diese Thematik war Gegenstand eines Urteiles des BGH vom 15.11.2012. Einer der Schwerpunkte lag in der Bewertung, unter welchen Voraussetzungen ein Steuerberater als nahestehende Person im Sinne von § 138 II Nr. 2 InsO zu bewerten ist – mit der entsprechenden Rechtsfolge der Anwendung von Vermutungsregelungen über die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf Steuerberaterseite.

Hierzu führt der BGH aus, dass das Buchhaltungsmandat eines Steuerberaters mit einem Unternehmen nur dann die Hürde zur Qualifizierung des Steuerberaters als nahestehende Person „übersteigt“, wenn der Steuerberater hieraus einen typischen Wissensvorsprung über die wirtschaftliche Lage erhält, den sonst nur damit befasste leitende Angestellte des Unternehmens haben.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann sich ein Steuerberater gegen die damit verbundene Vermutung dadurch zur Wehr setzen, dass er darlegt und beweist, der Informationsfluss sei tatsächlich versiegt oder auf längere Zeit unterbrochen worden.

Im Ergebnis festzuhalten bleibt, dass das Verhältnis von Steuerberater zur insolventen Mandantschaft auch weiterhin ein regelmäßiges Thema der BGH Rechtsprechung im Insolvenzrecht ist. Für Steuerberater ist auf der Grundlage des erstgenannten Urteils bei jeder Frage über die Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung durch den Mandanten Vorsicht geboten.

Carsten Lange
Mediator

Der Steuerberater bei Insolvenz seiner Mandantschaft: Diese Thematik ist Gegenstand folgender zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes.

1. Drittschutz für Gesellschafter und Geschäftsführer aus Steuerberatervertrag mit einer GmbH

Gem. Urteil des BGH vom 14.06.2012 können der Gesellschafter und der Geschäftsführer in den Schutzbereich eines zwischen einer GmbH und einem Steuerberater geschlossenen Vertrages einbezogen sein, welcher die Prüfung einer möglichen Insolvenzreife der GmbH zum Gegenstand hat.

Die Überprüfung der Insolvenzreife des Unternehmens bedarf eines gesonderten Auftrages und ist nicht Bestandteil des Steuerberatungsvertrages. An dieser Stelle aufgepasst: Dieser Prüfvertrag kann auch stillschweigend zustande kommen. Es reicht aus, wenn der Mandant die Frage stellt, ob er einen Insolvenzantrag stellen muss und sich der Steuerberater hierzu äußert. Auf diesen Vertrag findet Werkvertragsrecht Anwendung. Damit schuldet der Steuerberater den vertraglich vereinbarten Erfolg, nämlich eine richtige Auskunft über die Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung.

2. Insolvenzanfechtung von Honorarzahlungen an Steuerberater

Diese Thematik war Gegenstand eines Urteiles des BGH vom 15.11.2012. Einer der Schwerpunkte lag in der Bewertung, unter welchen Voraussetzungen ein Steuerberater als nahestehende Person im Sinne von § 138 II Nr. 2 InsO zu bewerten ist – mit der entsprechenden Rechtsfolge der Anwendung von Vermutungsregelungen über die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf Steuerberaterseite.

Hierzu führt der BGH aus, dass das Buchhaltungsmandat eines Steuerberaters mit einem Unternehmen nur dann die Hürde zur Qualifizierung des Steuerberaters als nahestehende Person „übersteigt“, wenn der Steuerberater hieraus einen typischen Wissensvorsprung über die wirtschaftliche Lage erhält, den sonst nur damit befasste leitende Angestellte des Unternehmens haben.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann sich ein Steuerberater gegen die damit verbundene Vermutung dadurch zur Wehr setzen, dass er darlegt und beweist, der Informationsfluss sei tatsächlich versiegt oder auf längere Zeit unterbrochen worden.

Im Ergebnis festzuhalten bleibt, dass das Verhältnis von Steuerberater zur insolventen Mandantschaft auch weiterhin ein regelmäßiges Thema der BGH Rechtsprechung im Insolvenzrecht ist. Für Steuerberater ist auf der Grundlage des erstgenannten Urteils bei jeder Frage über die Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung durch den Mandanten Vorsicht geboten.

Carsten Lange
Mediator

Über den Autor

  • Dr. Joerg Wernery

    Dr. Jörg Wernery ist zugelassen als Rechtsanwalt seit 1999 und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Weitere Fachgebiete sind Erbrecht, Vermögensnachfolge und Stiftungen sowie Vertragsgestaltung. Zum Anwaltsprofil