Viele Arbeitgeber hatten bereits in der Ersten Welle der Corona-Pandemie im Frühsommer 2020 Home-Office neu eingeführt. Andere Arbeitgeber lehnen Home-Office für ihre Mitarbeiter auch in der „zweiten Welle“ der Corona-Pandemie kategorisch ab. Dabei sind die die Gründe für den Wunsch der Arbeitnehmer nach einer Arbeit im Home-Office vielfältig – und oftmals sehr gut nachvollziehbar. Sie reichen von erhöhtem Betreuungsbedarf von Kindern wegen geschlossener Kitas und Schulen bis hin zu der Vermeidung von Kontakten, um das eigene Infektionsrisiko zu minimieren.

Für viele Arbeitnehmer stellen sich deshalb vor allem zwei Fragen: hat man als Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeit im Home-Office? Muss der Arbeitgeber die Arbeit im Home-Office in Zeiten der Corona-Pandemie ermöglichen? Und können Arbeitgeber Home-Office einseitig anordnen, auch wenn man nicht zu Hause arbeiten will oder kann?

Kein gesetzlicher Anspruch auf Home-Office

Im deutschen Arbeitsrecht gibt es aktuell allerdings keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die Arbeitnehmern ein Recht auf Home-Office begründet bzw. einen Anspruch auf Home-Office gegenüber dem Arbeitgeber zugesteht.
Bislang erschöpft sich das deutsche Recht in einer Definition von Home-Office bzw. „Telearbeit“ in der Arbeitsstättenverordnung. Danach kann man als Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Arbeitgebers nicht einseitig die Einrichtung eines Home-Office-Arbeitsplatzes durchsetzen.

Ganz aktuell hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil einen Entwurf für ein „Mobile-Arbeit-Gesetz“ vorgestellt, das einen gesetzlichen Anspruch auf Home-Office für Arbeitnehmer erhalten sollen. Arbeitgeber sollen danach die Einführung von Home-Office nur im Falle zwingender betrieblicher Gründe ablehnen können. Der Gesetzesentwurf sieht ein Recht auf mindestens 24 Tage Home-Office im Jahr vor. Ob und wann dieses Gesetz aber tatsächlich in Kraft tritt, ist aktuell (Mitte November 2020) nicht absehbar.

Home-Office: nur aufgrund von Vertrag oder Betriebsvereinbarung

Damit sind Arbeitnehmer darauf angewiesen, dass ihnen Home-Office auf anderem Wege zugestanden wird. Möglichkeiten dafür sind u.a. der eigene Arbeitsvertrag oder auch eine Betriebsvereinbarung.
So kann man als Arbeitnehmer die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes verlangen, wenn z.B. eine Regelung im Arbeitsvertrag enthalten ist. Umfang und Inhalt einer Arbeit im Home-Office wird regelmäßig im Arbeitsvertrag oder ergänzenden Anlage geregelt. Wenn der Betrieb über einen Betriebsrat verfügt, finden sich Regelungen zum Thema Home-Office oftmals auch in einer Betriebsvereinbarung.

Zwang zum Home-Office?

Umgekehrt stellt sich die Frage, ob ein Arbeitgeber die Arbeit im Home-Office anordnen kann. Wenn im Arbeitsvertrag eine konkrete Betriebsstätte (Betrieb des Arbeitgebers) definiert ist, an der die Arbeitsleistung erbracht werden muss, ist grundsätzlich die Zustimmung des Arbeitnehmers notwendig, um den Arbeitnehmer für längere Zeit im Home-Office arbeiten zu lassen.

Fehlt es an einer Rechtsgrundlage für Home-Office in Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung und werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu diesem Thema nicht einig, kommt das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 S. 1 GewO sowie gegebenenfalls eine Änderungskündigung in Betracht. Im Rahmen des Direktionsrechts kann der Arbeitgeber bestimmte Dinge im Arbeitsverhältnis einseitig bestimmen bzw. anordnen.
Aber auch dann muss die Einführung von Home-Office gemäß § 106 GewO dem „billigen Ermessen“ des Arbeitgebers entsprechen und darf Regelungen in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen sowie Tarifverträgen nicht widersprechen. Wurde der Arbeitsort im Arbeitsvertrag festgelegt, würde eine solche Anordnung das Direktionsrecht des Arbeitgebers überschreiten. In der derzeitigen Ausnahme-Situation kann allerdings ein sog. „erweitertes Direktionsrecht“ des Arbeitgebers in Betracht kommen. Das entnimmt die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung aus der Rücksichtnahme- und Schadenabwehrpflicht des Arbeitnehmers, die ihn aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. gemäß § 241 Abs. 2 BGB trifft.

Auf der Basis dieses erweiterten Direktionsrechts können ausnahmsweise solche Tätigkeiten zugewiesen werden, die nach dem Arbeitsvertrag an sich nicht geschuldet wären. Dazu zählt auch die Arbeitsleistung ggfs. an einem anderen Ort zu erbringen als ursprünglich vereinbart, also z. B. zu Hause. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn ein Ereignis nicht vorhersehbar und vermeidbar ist, nicht aus dem Verantwortungsbereich des Arbeitgebers stammt (siehe hierzu unser Beitrag zum Betriebsrisiko) und/oder ein hoher finanzieller Schaden droht.

Anspruch auf Home-Office im Europa-Vergleich

Mit Blick auf die europäischen Nachbarländer scheint eine Einführung bzw. Stärkung der Rechte des deutschen Arbeitnehmers in Bezug auf die Einrichtung von Home-Office-Möglichkeiten nicht unwahrscheinlich.

In den Niederlanden ist bereits seit Anfang 2016 das „Gesetz über die Flexibilisierung am Arbeitsplatz“ in Kraft getreten. Nach diesem Gesetz können Arbeitnehmer einen Heimarbeitsplatz beantragen. Der Arbeitgeber muss dann ernsthaft prüfen, ob Home-Office im konkreten Fall möglich ist. Allerdings darf der niederländische Arbeitgeber auch ohne zwingende betriebliche Gründe die Heimarbeit ablehnen, wenn er das Ermessen im Rahmen seiner Entscheidung angemessen ausgeübt hat. Dagegen wäre der von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vorgelegte Gesetzesentwurf für ein deutsches Home-Office-Gesetz deutlich arbeitnehmerfreundlicher ausgeprägt.

Fazit

Ein Anspruch auf Home-Office besteht für Arbeitnehmer grundsätzlich nur, wenn eine vertragliche Regelung, z.B. im Arbeitsvertrag, in einer Home-Office-Vereinbarung oder in einer Betriebsvereinbarung existiert. Ein gesetzlicher Anspruch auf die Arbeit im Home-Office besteht in Deutschland aktuell (noch) nicht.
Im Gegensatz dazu, ist es aber durchaus denkbar, dass ein Arbeitgeber die Arbeit im Homeoffice im Wege des erweiterten Direktionsrechts einseitig anordnen kann.

Haben Sie Fragen zum Thema Home-Office, Betriebsvereinbarung oder an dem Arbeitsrecht im Allgemeinen? Wir stehen Ihnen als Fachanwälte für Arbeitsrecht für alle Fragen rund um die Quarantäne gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns telefonisch in Aachen unter 0241 94621 0 oder per Mail an Kanzlei@dhk-law.com

Über den Autor

  • Katharina Müller

    Katharina Müller ist zugelassene Rechtsanwältin seit 2020 und seitdem vor allem im Arbeits- und Verkehrsrecht tätig. Anwaltsprofil