Media for equity – Ein modernes Schlagwort aus dem Bereich der Unternehmensbeteiligungen

Wer nicht wirbt, der stirbt – so heißt es landläufig in Marketingkreisen. Es trifft nicht selten den Nagel auf den Kopf, denn insbesondere junge Unternehmen sind darauf angewiesen, für sich und ihre Produkte oder Dienstleistungen zu werben, um ihren Zielmarkt zu erschließen. Werbung kostet aber (viel) Geld, das wiederum die jungen und häufig auch die wachsenden Unternehmen nicht in dem notwendigen Umfange haben und auch nicht so leicht am Kapitalmarkt beschaffen können. Wie also dieses Dilemma lösen?

Media for Equity kann hier ein Schlüssel für dieses Problem sein, denn wenn schon kein Geld für den Einkauf der Werbeleistung vorhanden ist, so kann doch das Unternehmen mit künftigen Erträgen pokern, die den Medienunternehmen vermittelt durch die Einräumung einer Beteiligung (equity share) angeboten werden können. Statt der sonst üblichen Bareinlage zur Erlangung der Beteiligung werden hier Werbeleistungen im offline/online Bereich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht. So die Grundidee! Die Tücke liegt auch hier wiederum im Detail.

Das „Media for Equity“-Verfahren ist für Unternehmen gedacht, die ein hohes Wachstumspotenzial in ihrem Produkt sehen, aber nicht über ausreichende Liquidität für die Werbung ihrer Produkte in adäquaten Mediakampagnen verfügen. Durch den Medienauftritt erfährt das Start-up Unternehmen nicht nur die Wahrnehmung durch die breite Masse, sondern steigert seine Bewertung bei seinen Verbrauchern und Investoren.

In Deutschland realisierte die ProSiebenSat. 1 Group das Media-for-Equity-Modell besonders erfolgreich.

Sie gibt an, in 2011 mit diesem Modell 40 Millionen Euro verdient zu haben. Sie kapitalisierte erfolgreich freie Werbeflächen und zeigte mit Zalando zu welchem Erfolg dieses Verfahren führen kann. Die Venture-Tochter der ProSiebenSat.1 Group erwarb im Rahmen eines Media-for-Equity-Deals 60 % an preis24.de. Die TV-Sender Gruppe umfasst derzeit ein Portfolio von 30 Partnerschaften, neben Zalando findet sich eDarling oder Trivago. Für diese damaligen Youngsters war die Gruppe ein Garant für den Zugang in rund 30 Millionen Haushalte in Deutschland.
Nicht nur der Sale der unbenutzten Werbeflächen ist das Ziel dieses Modells, sondern vor allem der gewinnträchtige Exit, also die spätere Loslösung vom finanzierten Unternehmen. Mit diesen erfolgsversprechenden Aussichten beteiligte sich GMPVC (German media pool) mit Media-for-Equity-Verfahren an dem Männer-Shoppingclub Paul Direkt und schubst diesen bei N-TV in die Werbeblöcke.

Es fragt sich welche Motivation Zalando und Co. haben, um eine solche Firmenbeteiligung durch die Medienunternehmen zu gewähren?

Angesichts des Wettbewerbs sind Start-up Unternehmen gezwungen, ihre Wahrnehmung schleunigst zu erhöhen, auch um ihren Investoren Erfolge vorweisen zu können. Das Mittel der Wahl ist immer noch die Werbung. Jedoch ist das Risiko einer selbstständigen Werbekampagnenbuchung nicht absehbar. Den jungen Unternehmen fehlt es häufig an fachspezifischem Wissen und an einem Businessplan. Die Medienunternehmen können diese Defizite durch ihr Know-how und durch ihre Finanzierung als strategische Partner mit wirtschaftlichem Eigeninteresse ausgleichen.

Welchen Anreiz haben dagegen die Medienunternehmen an einer Beteiligung an Start-up Unternehmen?

Der Offline-Medienmarkt stagniert seit einigen Jahren und hält schwerlich Schritt mit den neusten Innovationen der Internetgewalt. So kann es vorkommen, dass Werbeplätze drohen ungenutzt zu bleiben. Die bisherige Lösung, den Verkauf von Werbeplätzen zu rabattieren, ist aus wirtschaftlicher Sicht unattraktiv. Das Media of Equity-Verfahren bietet an dieser Stelle eine angenehmere Lösung. Denn als Gegenleistung für die Firmenbeteiligung sieht dieses Modell Leistung statt Geld vor. So werden die freien Werbeplätze genutzt, ohne dass eine Rabattierung stattfinden musste. Aber auch im Online-Markt sind freie, vermarktungsfähige Kapazitäten vorhanden, die das Medienunternehmen als Gegenleistung für die Gewährung einer Beteiligung dem Start-up oder dem wachsenden Unternehmen zur Verfügung stellen kann. Neben diesen Werbeplätzen und -konzepten wird darüber hinaus wertvolles Werbe-/ Marketing Know-how transferiert, das andernfalls teuer eingekauft werden müsste.

Welche Vorteile bringt das Media-for-equity-Verfahren mit sich?

Die ansonsten freibleibenden Werbeplätze können zwar nicht direkte Umsätze aufweisen, aber durch die Beteiligung sind zukünftige Umsätze naheliegend. Bei einem späteren Beteiligungsexit winken lukrative Veräußerungserlöse. Media-for-Equity ist für beide Seiten erst substanziell, wenn auch nach Leistung des Medienhauses dieses profitabel weiter “gebucht” werden kann. Durch den Deal kann das Medienunternehmen einen neuen Kunden für sich gewinnen. Hinter dem amerikanischen Modell verbirgt sich eine interessante Wechselwirkung: das Medienunternehmen steigert den Unternehmenswert des Start-ups und das Medienhaus deckt seine Werbezeiten ab.

Wer mit jungen oder stark wachsenden Unternehmen Geschäfte macht, geht grundsätzlich in Vorleistung, denn ob die Werbekampagne Anklang beim Verbraucher findet und ob sich der Youngster nachhaltig am Markt etablieren kann, steht zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses in den Sternen, so dass auch das Risiko eines Totalverlustes der Investition drohen kann. Auf der anderen Seite holt sich das Unternehmen im Zweifel einen Gesellschafter in sein Boot, der bestenfalls beraten möchte, schlimmstenfalls aber auch das Ruder in der Firma an sich reißen kann.

Für beide Seiten gilt dann dabei: „D’rum prüfe, wer sich bindet.“

Der Investor sollte sich im Rahmen einer Due Diligence Prüfung und einhergehenden Management-Interviews ein umfassendes Bild der klassischen Vermögens- und Ertragslage des Beteiligungsunternehmens verschaffen und insbesondere die Planrechnungen dieser Unternehmen auf Herz und Nieren prüfen, um die beiderseits geschürten Erwartungen nicht zu enttäuschen. Media must fit! Andernfalls verpufft die Investition bestenfalls ohne Auswirkung, schlimmstenfalls mit negativer Werbewirkung.

Ein weiteres Problem liegt im Zeitraum nach der 1. Werbekampagne. Denn zu diesem Zeitpunkt liegt ein möglicher gewinnbringender Exit in weiter Ferne. Die naheliegende Konsequenz ist weitere Kampagnen im Rahmen von Media-of-equity zu starten. Im Gegensatz zum ersten Geschäftsabschluss ist der Wert des Start-ups durch die Equity des Medienhauses gestiegen und der Deal wird für das Medienhaus unattraktiver. Tatsächlich ist der Reiz der Brutto-Netto-Schere spätestens bei der 3. Kampagne verschwunden, da dann meistens der Schwellenwert unter dem Erlös durch eine klassische Vermarktung der Werbezeiten liegt.
Schließlich kann die Zusammenarbeit nicht endlos weiterbetrieben werden, weil einerseits das Medienhaus wie oben dargestellt bereits den Schwellenwert unterschritten hat und andererseits bei weiterem Ankauf von Unternehmensanteilen das Medienhaus eine vorherrschende Position – die vom Start-up Unternehmen überwiegend unerwünscht ist – erlangen würde.
Nicht zu übersehen ist der Umstand, dass andere Werbekunden, die im Rahmen einer klassischen Vermarktung mit den Medienunternehmen Geschäfte machen, die neuartigen Deals kritisch beobachten und mit Budget-Einzug drohen. Daher ist das oberste Gebot der Medienunternehmen Feingefühl.

Im Vergleich zur klassischen Vermarktung von Werbekampagnen ist die Vertragsgestaltung der Beteiligung darüber hinaus deutlich schwieriger und sollte aus der Sicht des diesbezüglich eher unerfahrenen Unternehmens, das sich auf diese Weise Media-Leistungen verschaffen möchte, sehr genau unter die Lupe genommen werden.
Neben den medienspezifischen Komponenten wie Schieberecht, GRP (Gross Rating Point; grobes Maß zur Beurteilung einer Werbekampagne) und Kontakte müssen vor allem die Umsatz- bzw. Firmenbeteiligung sowie die Mitsprache- und Mitwirkungsrechte im Vertragswerk besondere Berücksichtigung finden.
Zu Beginn der Vertragsverhandlungen ist der Unternehmenswert des Start-ups zu ermitteln, die Bemessungsgrundlage festzulegen und die Beteiligungsdauer an dem Start-up zu bestimmen. Der Wert der Werbeleistung ist in das Verhältnis zum Wert der Beteiligung zu setzen, die gegeneinander gewährt werden.
Der Scheidepunkt dieser Verhandlung wird vor allem die Bestimmung der abzugebenden Anteile an Umsatz im Falle der Umsatzbeteiligung bzw. Anteile an Minderheitenrechten im Falle der Firmenbeteiligung sein. Einher geht die Regulierung der Stimmrechte des Investors an dem Start-up.
Im Gegensatz zum Capital-Investor eines Start-ups während der Gründung des Unternehmens, sollte dem Equity-Investor möglichst wenig Mitsprache- bzw. Entscheidungsrecht zugesprochen werden. Das Stimmrecht sollte ein Äquivalent zum Anteil an dem Start-up bilden und der Unternehmer ist gehalten sicher zu stellen, dass es sich um eine Partnerschaft und nicht um eine Übernahme handelt.
Letztlich gilt es, die Beteiligungs- und Mitspracherechte des Investors sowie sein Interesse an einer ordentlichen Verzinsung seiner eingebrachten Leistungen abzustimmen mit den eigenen Wachstums- und Vermögensinteressen des Unternehmens, so dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten sorgfältig gegeneinander abgewogen und formuliert werden.

Fazit:

Das Media-for-equity-Verfahren macht nun auch in Deutschland Schule. Die Förderung der Start-up Unternehmen ist ein effizientes Mittel den deutschen Markt erfrischend innovativ zu halten. Dennoch sind die Risiken hinsichtlich eines erfolgsträchtigen Exits beachtlich. Aus diesem Grund rentiert sich lediglich ein Portfolio an Partnerschaften mit Youngster-Unternehmen.

Christoph Schmitz-Schunken ist als Rechtsanwalt und Steuerberater u. a. mit den Schwerpunkten Mergers & Acquisitions (M&A), Wirtschafts- und Handelsrecht sowie Wirtschafts- und Steuerstrafrecht in Aachen tätig.
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Über den Autor

  • Christoph Schmitz-Schunken

    Christoph Schmitz-Schunken ist zugelassener Rechtsanwalt seit 2005, Steuerberater, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, zert. Berater Steuerstrafrecht (DAA) und Mitglied im Vorstand der Rechtsanwaltskammer Köln. Zum Anwaltsprofil