Mehrwertsteuerpflicht bei Überlassung von Dienstwagen zu privater Nutzung an in Belgien wohnende Mitarbeiter

 

Seit dem 30.06.2013 gilt das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie – Umsetzungsgesetz). Aufgrund dieses Gesetzes erfolgte eine Anpassung des Leistungsortes bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer in § 3 a Abs. 3 Nr. 2 UStg an Artikel 56 Abs. 2 MwStSystRL.

Der mehrwertsteuerrelevante Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln befindet sich nunmehr an dem Ort, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat.

Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung, z.B. für Privatfahrten oder für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb (die mehrwertsteuerrechtlich der Privatsphäre zugeordnet werden), wird als langfristige Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer angesehen. Da sich der Leistungsort nach Vorstehendem am Wohnsitz des Empfängers der Leistung befindet, ist hier eine mehrwertsteuerrelevante Leistung im Ausland anzunehmen.

Betroffen sind daher Unternehmen, die im Ausland wohnende Mitarbeiter beschäftigen und diesen Mitarbeitern einen Dienstwagen zur Verfügung stellen, den die Mitarbeiter auch privat nutzen können. In einem Verwaltungsschreiben vom 12.09.2013 stellt das BMF klar, dass diese Regeln nicht nur für die Vermietung von Leihwagen oder Sportbooten gelten, sondern auch für den Dienstwagen eines Arbeitnehmers.

Wörtlich heißt es in dem Schreiben des BMF vom 12.09.2013:

„Überlasst der Unternehmer (Arbeitgeber) seinem Personal (Arbeitnehmer) ein erworbenes Fahrzeug auch zur privaten Nutzung (Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätten sowie Familien- und Heimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung) ist dies regelmäßig als entgeltliche Vermietung eines Beförderungsmittels anzusehen (vgl. Tz. 4.1 des BMF-Schreibens v. 27.08.2004, BStBl. I S. 864). Der Leistungsort dieser Leistung bestimmt sich nach § 3 a Abs. 3 Nr. 2 UStG. Liegt dagegen eine unentgeltliche Überlassung im Sinne des § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG vor (vgl. Tz. 4.2.2.1 des BMF-Schreibens v. 27.08.2004, BStBl I S. 864) bestimmt sich deren Leistungsort nach § 3 f. UStG.“

Folge ist grundsätzlich, dass die Mehrwertsteuer für die private Nutzung eines dienstlich überlassenen Pkw nicht mehr in Deutschland, sondern in diesen Fällen in Belgien zu deklarieren wäre. Dies würde die Mehrwertsteuer-Registrierung der betroffenen Unternehmer in Belgien voraussetzen.

Problematisch kann dies jedoch dann werden, wenn das Fahrzeug bislang in Belgien nicht ordnungsgemäß gemeldet wurde. Denn bekanntlich ist Belgien äußerst restriktiv in der Zulassung der Nutzung von im Ausland, insbesondere Deutschland und Luxemburg, zugelassenen Fahrzeugen auf belgischem Territorium. Gemäß Circulaire AFER 43/2006 ist dies nur ausnahmsweise zulässig. Soweit Arbeitnehmer betroffen sind, setzt die private Nutzung eines solchen Pkw in Belgien voraus, dass es sich um einen auf das deutsche Unternehmen zugelassenen Pkw handelt, der dem Arbeitnehmer durch ausdrückliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag auch zur privaten Nutzung überlassen wird. Sollen Familienmitglieder, insbesondere Ehefrau oder erwachsene Kinder, das Fahrzeug nutzen dürfen, muss dies ausdrücklich in dem Arbeitsvertrag festgehalten werden. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der betroffene Arbeitnehmer an dem für seinen Wohnort zuständigen Mehrwertsteueramt eine sogenannte Mehrwertsteuer-Bescheinigung gemäß dem Rundschreiben AFER 43/2006 beantragen (sogenannte „attestation TVA“). Diese Mehrwertsteuerbescheinigung ist in dem Fahrzeug mitzuführen und bei einer Kontrolle vorzuweisen.

Bezweckt wird damit, dass im Falle einer Kontrolle durch Polizei- oder Zollbehörden, die regelmäßig bei ausländischen Fahrzeugen auf belgischem Territorium durchgeführt werden, nicht mehr die Frage der materiell-rechtlichen Zulässigkeit der Nutzung in Belgien zu diskutieren ist, sondern dieser Nachweis formal durch Vorlage der Bescheinigung geführt wird.

Soweit nunmehr für die Überlassung Mehrwertsteuer in Belgien anfällt, sind diese Vorgänge zur Vermeidung der Hinterziehung von Mehrwertsteuer anzumelden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass in den Fällen, in denen es die Arbeitnehmer bislang versäumt haben, die „attestation TVA“ zu beantragen, zu einer Offenlegung dieser Tatbestände kommt.

Dies kann im Einzelfall zu unangenehmen Überraschungen im Hinblick auf Steuernachzahlungen für die Vergangenheit führen.

Die Änderung des Leistungsortes bzw. die notwendige Registrierung von ausländischen Unternehmen in Belgien zu Mehrwertsteuerzwecken ist daher im Gesamtkontext zu betrachten und sollte mit der gebotenen Umsicht angegangen werden.

Es gibt mittlerweile einen Nachtrag vom 28.11.2013 zu diesem Standpunkt. Lesen Sie, warum es in der Praxis zur einigen Problemen durch die Änderung des Mehrwertsteuerrechts gekommen ist.


Guido Imfeld
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator

Über den Autor

  • Guido Imfeld

    Guido Imfeld ist zugelassener Anwalt seit 1996 und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, für Handels- und Gesellschaftsrecht und für gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht. Seit dem Jahre 2000 ist er auch in Belgien als Anwalt zugelassen. Zum Anwaltsprofil